Brexit „Ende der Debatte“: EU sieht keine Chance mehr für längere Brexit-Übergangsphase

Die Verlängerung der Brexit-Übergangsphase über das Jahresende hinaus ist nach Einschätzung der EU-Kommission vom Tisch. Großbritannien habe am Freitag in der Sitzung des zuständigen Gremiums sein Nein zu einer Fristverlängerung bekräftigt, sagte Vizepräsident Maros Sefcovic. „Nach meiner Einschätzung ist das definitiv das Ende der Debatte.“

Damit wächst der Druck, bis zum Jahresende ein Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU zuwege zu bringen. Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten, bleibt aber in einer Übergangsphase noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Die EU war für eine Verlängerung der Frist, um mehr Zeit für Verhandlungen zu haben. Großbritannien wendet sich aber seit Monaten strikt dagegen. Gelingt in der Übergangsphase kein Abkommen, wird ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und anderen Handelshemmnissen erwartet.

Sefcovic sagte, er selbst habe zwar betont, dass die EU für eine Verlängerung offen bleibe. Aber der britische Unterhändler Michael Gove hätte in seiner Ablehnung nicht deutlicher sein können, fügte Sefcovic hinzu. Gove habe dies damit begründet, dass den britischen Bürgern dies als Versprechen im Wahlkampf gegeben worden sei. Er habe die Haltung der britischen Regierung sehr, sehr deutlich gemacht.

Gove erklärte auf Twitter, er habe im Gespräch mit Sefcovic „förmlich bestätigt“, dass Großbritannien die Übergangsphase nicht verlängern werde. „Wir werden am 1. Januar 2021 die Kontrolle zurückholen und unsere politische und ökonomische Unabhängigkeit wiedergewinnen“, schrieb Gove.

Es war die letzte reguläre Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Union und Großbritanniens, bevor die Option zur Verlängerung Ende des Monats ausläuft. Möglich wären nach dem EU-Austrittsvertrag mit Großbritanniens eine einmalige Verlängerung um ein oder zwei Jahre.

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier erklärte, die EU nehme die britische Entscheidung „zur Kenntnis“. Um den Verhandlungen noch eine Chance zum Erfolg zu geben, müsse es jetzt darum gehen, „Fortschritte in der Substanz“ zu machen. Deshalb hätten beide Seiten vereinbart, „die Gespräche in den kommenden Wochen und Monaten zu intensivieren“.

Um die Gespräche aus der Sackgasse zu holen, ist am Montag nun erstmal eine Video-Konferenz der EU-Spitzen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson geplant. An ihr nehmen auf EU-Seite Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel, Parlamentspräsident David Sassoli sowie Chefunterhändler Barnier teil.

Die EU bestätigte, dass nun im Juli jede Woche verhandelt werden soll. Weitere Gespräche sind dann ab Mitte August und auch im September geplant. Barnier hatte in der Vergangenheit klar gemacht, dass ein Abkommen bis Ende Oktober stehen muss, um noch parlamentarisch ratifiziert zu werden.