Müssen die Modelle der Mondentstehung modifiziert werden?

Chinas „Chang’e-5“ Raumsonde sammelt Gesteinsproben auf dem Mond.

Chinas Sonde „Chang’e 5“ hat auf dem Mond Oberflächenmaterial gesammelt und bringt es mit zurück zur Erde. Das Prestigeprojekt hat wissenschaftlichen Nutzen.

Neil Armstrong und Buzz Aldrin hatten für ihre Mondlandung im Zuge der Apollo-11-Mission eine wissenschaftliche To-do-Liste bekommen, deren zeitliche Abfolge der Priorität der jeweiligen Aufgaben entsprach. Das Erste, was demnach auf der Mondoberfläche zu tun war: etwa ein Kilogramm Mondgestein einzusammeln, das in Armstrongs Anzug verstaut werden sollte und selbst bei einem frühzeitigen Abbruch des Außeneinsatzes zurück zur Erde transportiert worden wäre. Von diesen Gesteinsproben versprach man sich den größten wissenschaftlichen Gewinn der Mondlandung. Letztlich reichte die Zeit für Aldrin und Armstrong sogar, insgesamt rund 20 Kilogramm Mondmaterial aus dem Mare Tranquillitatis zusammenzustellen. Die Probe legte den Grundstein für eine Reihe bahnbrechender neuer Erkenntnisse über den Erdtrabanten und seine Entstehungsgeschichte.

Ein toller und informativer Artikel über die Mission, das den wissenschaftlichen nutzen erläutert.

Spannend und interessant, außerhalb der Erde warten noch „Weiße Flecken auf der Karte“ entdeckt und erforscht zu werden.

Christian Dauck

Weitere fünf Apollo-Missionen und drei sowjetische Luna-Missionen holten bis 1976 noch sehr viel mehr Gestein vom Mond, rund 400 Kilogramm davon existieren heute auf der Erde. Wer an den Proben der Nasa forschen möchte, muss dafür einen wissenschaftlichen Antrag schreiben und bekommt im Erfolgsfall Zugang zu winzigen Mengen des kostbaren Materials. Noch heute generieren diese Proben immer wieder neue Einsichten in die Natur unseres irdischen Begleiters und in die Geschichte des Sonnensystems.

Die Mondsteine haben auf einzigartige Weise ihre Geschichte konserviert. Anders als auf der Erde hat keine jüngere geologische Aktivität und – wegen der fehlenden Mondatmosphäre – keine Verwitterung diese Informationen in den vergangenen Milliarden Jahren zerstören können: etwa ihren Ursprung im frühen Magmaozean des Mondes oder ihre chemische Veränderung durch gewaltige Meteoriteneinschläge. Oberflächengeröll, der Regolith, trägt außerdem die Spuren seiner Wechselwirkung mit Strahlung und Teilchen, die von der Sonne und aus entfernteren Regionen des Kosmos stammen. Er ist von Löchern übersät, die von kleinsten Meteoriten stammen, die unsere Erde aufgrund ihrer Atmosphäre nie erreichen.

Ein Puzzleteil zum Verständnis der Geschichte des Mondes

Mondgestein gibt es in vielen verschiedenen Varianten: basaltisches Vulkangestein, das einst aus einer heißen Magmaflüssigkeit auskristallisierte und Hinweise auf die chemische Zusammensetzung des Mondinneren gibt, Verbindungen aus Mineralen wie Feldspat, Spinell oder Olivin, in Meteoriteneinschlägen unter hohen Temperaturen und hohem Druck gebildete Glasperlen, aus Trümmerstücken bestehendes Brekzie-Gestein oder alten Anorthosit, aus dem ein großer Teil der Kruste der Hochlandregionen besteht. Jede Gesteinsart trägt ihre eigene Geschichte und liefert damit wiederum ein Puzzleteil zum Verständnis der Geschichte des Mondes.

Dieses Verständnis wurde durch die Proben der Apollo-Missionen schon einige Male grundlegend auf die Probe gestellt. Zunächst war man davon ausgegangen, dass sich Mond und Erde in ihrer Zusammensetzung fundamental unterschieden. So ist etwa die mittlere Dichte des Mondes nur 60 Prozent so groß wie die der Erde, im Vergleich zur Erde besitzt er kaum Eisen, Wasser und flüchtige Elemente. Der Versuch, diese Unterschiede mit einer plausiblen Geschichte seiner Entstehung zusammenzubringen, führte schließlich zu der Vorstellung, dass ein dritter Körper bei der Entstehung des Mondes eine Rolle gespielt haben müsse, von dem der Mond seine chemischen Besonderheiten geerbt haben könnte.

Müssen die Modelle der Mondentstehung modifiziert werden?

Der dramatische Einschlag eines mars-großen Körpers, genannt Theia, auf die gerade erst entstandene Erde, bei dem sich der Mond größtenteils aus dem Mantelmaterial des Einschlagkörpers bildete, wurde daraufhin zur Standardtheorie der Mondentstehung. Allerdings zeigten Analysen der Apollo-Proben, dass es bei dieser Geschichte ein Problem gibt: In einer bestimmten Hinsicht sind sich Erde und Mond nämlich deutlich ähnlicher, als sie es gemäß der Theia-Kollision sein dürften. Die Verteilung chemischer Varianten des Sauerstoffs, seiner Isotope, ist im Gestein beider Körper praktisch identisch. Theia hingegen sollte eine ganz andere Isotopenverteilung besessen haben, da sie nicht am gleichen Ort wie die Erde entstand. Die Idee, dass der Mond zum größten Teil aus dem Material von Theia entstanden ist, scheint daher zu einfach. Müssen die gängigen Modelle der Mondentstehung also modifiziert werden?

Für diese Frage gilt es, neue empirische Anhaltspunkte zu bekommen. Auch deshalb wünschen sich Wissenschaftler neue Gesteinsproben vom Mond, die aus anderen geologischen Zeiten und aus anderen Regionen stammen als die vorliegenden. Die Apollo- und Luna-Samples sind zwischen drei und vier Milliarden Jahre alt. Ob es auch später noch vulkanische Aktivität auf dem Mond gab, wäre eine wichtige Information, um die thermische Geschichte des Mondes mit Entwicklungsmodellen abgleichen zu können.

Informationen basieren vor allem auf plausiblen Annahmen

Jüngeres Gestein ist aus einem weiteren Grund wissenschaftlich wünschenswert. Bei der Untersuchung fremder Körper im Sonnensystem stellt sich die Herausforderung, das Alter von deren Oberflächen abzuschätzen. Dafür zählt man Einschlagkrater: Je mehr Krater auf einer Oberfläche zu finden sind, desto älter ist sie. Um aber auf konkrete Jahreszahlen zu kommen, muss man die Einschlagshäufigkeiten kalibrieren: Man braucht Flächen bekannten Alters, deren Kraterdichte man zur Orientierung verwenden kann. Für die Genauigkeit dieser Methode ist das bisherige Fehlen jungen Mondgesteins bekannten Ursprungs mit einem Alter zwischen 850 Millionen und drei Milliarden Jahren daher ein massives Problem. Die notwendige Information, wie viele Krater die im Sonnensystem existierenden Meteoriten in den vergangenen Milliarden Jahren hinterlassen haben, basiert statt auf belastbaren Daten vor allem auf plausiblen Annahmen.

Dass China nun im Rahmen seiner Chang’e-5-Mission seit 44 Jahren zum ersten Mal wieder Mondgestein zur Erde holt, ist daher nicht nur eine Demonstration großer Raumfahrtambitionen, sondern auch wissenschaftlich überaus interessant. Der Ort der Probenentnahme wurde nach wissenschaftlichen Kriterien gewählt: Die Region am 70 Meter hohen Vulkanhügel Mons Rümker im Oceanus Procellarum scheint mit einem Alter von rund 1,3 Milliarden Jahren das jüngste Mare-Basaltgestein auf dem Mond zu beherbergen. Es könnte damit einen Datenpunkt in genau dem Zeitraum liefern, der bislang fehlt. Sein vulkanischer Ursprung würde wichtige Informationen über die thermische Geschichte des Mondes liefern. Die bisherigen Proben hatten nahegelegt, dass die Vulkanaktivität auf dem Mond vor 3,5 Milliarden Jahren am stärksten war und danach sehr schnell abnahm. Hinweise auf jüngeren Vulkanismus müssten mit dieser Vorstellung in Einklang gebracht werden. Zudem haben Sonden-Beobachtungen bereits gezeigt, dass die chemische Zusammensetzung des Gesteins am Mons Rümker sich von anderen Proben unterscheidet: Es scheint dort außergewöhnlich viel Kalium, Seltenerdelemente und Phosphor zu geben. Auch in Hinblick auf ihre Chemie erscheinen die Proben also vielversprechend.

Chang’e 5 hat Oberflächenmaterial gesammelt und einen bis zu zwei Meter tiefen Bohrkern erstellt. Er könnte es ermöglichen, den Einfluss von Oberflächenprozessen nachzuverfolgen und Gestein verschiedenen Alters zu untersuchen. Die Proben sollen nach der Landung, die in diesen Tagen in der Inneren Mongolei erfolgen soll, zum größten Teil im Nationalen Astronomischen Observatorium in Peking gelagert werden. Die europäische Weltraumagentur Esa unterstützt die chinesische Missionskontrolle mit ihrem Estrack-Netzwerk von Funkstationen dabei, Daten von Chang’e 5 zu empfangen. Inwiefern China europäischen Wissenschaftlern Zugang zu den Proben gewährt, ist offenbar noch Gegenstand von Verhandlungen.

Sicher scheint aber, dass man von den Proben neue Erkenntnisse über unseren Erdbegleiter erwarten kann.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/chinas-raumsonde-chang-e-5-sammelt-gesteinsproben-17103597.html

Chinas Raumkapsel mit Mondgestein erfolgreich gelandet

Es ist das erste Mal seit 44 Jahren, dass wieder Mondproben zur Erde gebracht werden. China ist die dritte Raumfahrtnation, der das nach eigenen Angaben nun gelingt.

Die chinesische Raumkapsel mit zwei Kilogramm Mondgestein ist in der Steppe der Inneren Mongolei im Norden Chinas gelandet. Das berichtete das staatliche Fernsehen in der Nacht zum Donnerstag Ortszeit (Mittwoch MEZ). Damit ist China nach den USA und der Sowjetunion erst die dritte Raumfahrtnation, die Mondproben zur Erde gebracht hat.

Auch diese wundervolle Beute ist im Sack

Was war ich nervös. Klasse, super Leistung! Gratulation an China.


Ein schöner Abschluss für das Raumfahrtjahr 2020 und reichlich Weihnachtsgeschenke zu Jahresende, für Planetologen, Astrobiologen usw.

Ich freue mich über neue Erkenntnisse und geheimnisse vom Mond, was die Forscher wohl neues herauffinden werden – super spannend! Ein kleiner schritt für China aber großer schritt für die Wissenschaft (Planetologen, Astrobiologen usw.)

Damit geht das Raumfahrtjahr 2020 für mich zu Ende. Ein toller Abschluss in dieser für die Welt, schweren Pandemie Zeit. Proben von Hayabusa 2 (Asteroiden) und Change 5 (Mond) – Super und eines der besten Weihnachtsgeschenke für mich.

Damit beginnt auch für mich die Vorweihnachtliche Zeit und damit endlich Urlaub!

Christian Dauck

Der Lander des nach der chinesischen Mondgöttin benannten Raumschiffes „Chang’e 5“ hatte am 1. Dezember auf dem Mond aufgesetzt und Gesteinsproben gesammelt. Es ist das erste Mal seit 44 Jahren, dass wieder Mondproben zur Erde gebracht werden.

Bergungstrupps mit Hubschraubern und Fahrzeugen, die mit starken Suchscheinwerfern ausgerüstet waren, starteten, um die Kapsel im Siziwang Banner in der Inneren Mongolei zu finden. Die Suche wurde durch die nächtliche Dunkelheit und harsches Winterwetter mit Schnee, Wind und Temperaturen von mehr als Minus 20 Grad erschwert. Die Kapsel ist auch nur ein Siebtel so groß wie bemannte chinesische Raumschiffe.

Zugleich war das Landegebiet 16-mal größer als sonst, weil die Kapsel die Methode des „hüpfenden Wiedereintritts“ in die Erdatmosphäre verwendet hatte, um übermäßige Hitze und Schäden zu vermeiden. Die langgezogene Flugbahn erinnert dabei an einen im flachen Winkel über eine Wasseroberfläche geworfenen, hüpfenden Stein. Dadurch ist der Landepunkt schwerer vorherzusagen. Die Landezone war mit 21 000 Quadratkilometer etwa so groß wie das deutsche Bundesland Hessen.

Forscher warten gespannt auf das Mondgestein, dass viel jünger ist als alle bisher gesammelten Proben der USA und der Sowjetunion. Die Untersuchung könnte neue Erkenntnisse über die vulkanische Aktivität und die Geschichte des Mondes liefern. Die Apollo-Missionen der USA hatten rund 380 Kilogramm Mondgestein mitgebracht. Die Sowjetunion sammelte mit unbemannten Missionen etwa 300 Gramm ein.

Der Lander von „Chang’e 5“ war in einem nach dem deutschen Astronomen Karl Rümker (1788-1862) genannten Vulkangebiet gelandet, das im „Ozean der Stürme“ liegt. Diese Region im oberen, linken Teil der erdzugewandten Seite des Mondes ist erst 1,2 Milliarden Jahre alt. Dagegen wird das Alter des Mondgesteins, das die USA und die Sowjetunion gesammelt hatten, auf 3,1 und 4,4 Milliarden Jahre geschätzt.

China verfolgt ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm mit Missionen zum Mond und Mars sowie den Aufbau einer eigenen Raumstation. Im Januar 2019 landete China als erste Raumfahrtnation mit „Chang’e 4“ auf der relativ unerforschten erdabgewandten Seite des Mondes. Es wurde ein Rover ausgesetzt, der weiter die Oberfläche erforscht.

Chinas Mondflug erfolgte 51 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung der USA am 21. Juli 1969, bei der Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin als erste Menschen die Oberfläche des Erdtrabanten betraten. Die USA haben sechs Mal Astronauten auf den Mond gebracht. Mit „Apollo 17“ im Dezember 1972 stellten die Vereinigten Staaten ihre bemannten Mondlandungen ein.