
Die Regierung des Iran reagiert verärgert auf US-Aussagen zum Atomabkommen. Die USA reagieren mit einem Rundflug.
- Der Ausgang des Atomstreits zwischen dem Iran und den USA hat große innenpolitische Auswirkungen für Irans Präsidenten Hassan Rohani.
- Doch auch der neue US-Präsident Joe Biden will ohne ein Entgegenkommen des Irans keine Sanktionen lockern.
- Für Irans Regierung ist der harte Auftakt Bidens eine Überraschung. Sie ignoriert die im Atomabkommen festgelegten Grenzen bei der Urananreicherung.
Washington D.C/Teheran – Joe Biden ist keine zwei Wochen im Amt – und das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den USA und Iran um das Atomabkommen hat bereits begonnen. Direkt an seinem ersten offiziellen Arbeitstag stellte der neue US-Außenminister Antony Blinken klar, Teheran müsse zuerst zur vollen Vertragstreue zurückkehren, dann würden die USA die Sanktionen lockern. „Es wird ein langer Weg. Das Ganze wird dauern“, dämpfte der frisch vereidigte US-Chefdiplomat die Erwartungen.
Ich wundere mich warum der harte Auftakt der neuen US-Regierung den Iran überrascht. Zwar möchte die USA, Frankreich und Deutschland zurück zum Abkommen. Aber sich der Nuklearen-Erpressung des Iran hin geben geht auch nicht. Zumal das ein schlechte Signal an Verbündete, Partner und Gegner wäre.
Auch innenpolitisch wäre es nicht gut für die USA sich der Nuklearen-Erpressung des Iran hin zugeben. Wie der Iran der Bevölkerung das verkauft ist doch klar, dann werden sie und andere Muslime erst recht auf eine Atombombe pochen – Weil Nukleare-Erpressung ja doch funktioniert – Cool und dann noch die USA!
Kein Land und Staatschef kann sich einer Nuklearen-Erpressung hingeben und der Weltgemeinschaft zeigen, schaut mal mit uns könnt ihr das machen. Wäre vor allem ein fatales Signal an die Arabische und Muslimische Länder. Was würde danach kommen wenn die Staatschef Weltweit sehen „schaut mal die dort drüben sind Nuklear-erpressbar“ – Last uns doch auch so eine Diplomatie machen. Oder in einem anderen Teil der Welt „Last uns ein Nuklear-Programm entwickeln“ um auch zu erpressen wenn uns was nicht passt.
Ob ein Land sein Nuklearpogramm nur zur Abschreckung oder um seine Diplomatischen willen gegenüber anderen Länder durzusetzen, finde ich ist ein unterschied – letzteres ist viel schlimmer finde ich.
Christian Dauck
Gleichzeitig schickte das Pentagon, wie zuvor bereits drei Mal unter Donald Trump, erneut einen B 52-Bomber, der Atomwaffen tragen kann, von einer Luftwaffenbasis in Louisiana auf einen 36-Stunden-Rundflug über den Nahen Osten.
Für Irans Regierung ist dieser harte Auftakt des neuen US-Präsidenten Joe Biden eine kalte Dusche. Entnervt kofferte Teheran zurück. „Faktenscheck für @SecBlinken: Die USA haben den JCPOA verletzt“, twitterte Außenminister Mohammad Dschavad Zarif und pochte auf den ersten Schritt durch Washington. Solange die US-Sanktionen bleiben, will die Islamische Republik die Vertragsgrenzen bei der Urananreicherung weiter ignorieren.
Atomabkommen: Iran intensiviert Anreicherung von Uran
Erst vergangene Woche kündigte das iranische Regime an, in seiner durch ein Felsenmassiv geschützten Atomanlage Fordow wieder bis zu 20 Prozent Uran anzureichern, fünfmal höher, als nach dem „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) erlaubt ist. Auch die kurzfristigen Kontrollbesuche von UN-Inspektoren sollen nach dem 19. Februar untersagt werden, ohne allerdings die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien generell zu beenden.
Denn für Irans moderaten Präsidenten Hassan Ruhani und seinen Außenminister Zarif steht viel auf dem Spiel. Sie brauchen dringend Erfolge, damit ihr politisches Lager in den nächsten Jahren nicht völlig ins Abseits gerät. Am 18. Juni sind Präsidentschaftswahlen, bei denen Ruhani nicht mehr antreten darf. Ein moderater Kandidat jedoch kann nur gewinnen, wenn die von Corona und Hyperinflation geplagte Bevölkerung endlich wieder eine Perspektive sieht.
Nasser Hadian, Politologe an der Universität Teheran, rechnet damit, dass im Wahlkampf die US-Sanktionen und der Atomstreit eine Schlüsselrolle spielen werden. Gebe es eine schnelle Rückkehr zu dem Vertrag, „haben die Reformer und Moderaten bei den Wahlen im Juni sehr gute Chancen“. Sollte Ruhani jedoch bei Biden abblitzen, wittern die Scharfmacher in Teheran ihre Chance, das ungeliebte Atomabkommen endgültig loszuwerden sowie freie Hand zu behalten beim Raketenprogramm und ihren regionalen Machtambitionen.
Repression im Iran: Bevölkerung ohne Hoffnung
Derweil wird der Druck im Iran immer brutaler. Human Rights Watch beklagt eine „gnadenlosen Repression“ gegen friedliche Aktivist:innen, Menschenrechtler:innen und Rechtsanwält:innen. Obendrein wütet das Coronavirus– abgesehen von der Türkei unter Recep Tayyip Erdogan – in keinem Land des Nahen Ostens schlimmer als in der Islamischen Republik. Im Staatshaushalt klaffen gewaltige Löcher, die rasante Geldentwertung trifft vor allem die Ärmeren in dem 82-Millionen-Volk.
„Ich glaube nicht, dass die Biden-Präsidentschaft für unser Leben eine echte Wende bedeutet“, schrieb dieser Tage eine 41-jährige Lehrerin aus Teheran, die aus Angst vor Repressionen nur mit ihren Vornamen Shabnam genannt werden möchte, an die „Washington Post“. „Um ehrlich zu sein, das Ausmaß an Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung im Iran ist so hoch, dass ich keinen Optimismus habe, egal was iranische oder amerikanische Politiker auch tun.“
Iraner erwägen Militärallianz gegen Israel

Die „Befreiung Palästinas“ und der Untergang Israels gehören seit über 40 Jahren zum außenpolitischen Programm der Republik Iran. Bisher konnten sich die Hardliner im Parlament nicht durchsetzen, doch nun wollen die Abgeordneten über ein anti-israelisches Militärbündnis beraten.
Eine Gruppe im iranischen Parlament will mit einem Gesetz die Gründung einer anti-israelischen Militärallianz in Gang bringen. „Der Entwurf für die Verteidigungs- und Sicherheitsallianz der Widerstandsfront wurde von 34 der 290 Abgeordneten zusammengestellt und soll nun in den parlamentarischen Ausschüssen beraten werden“, sagte der Abgeordnete Abolfasl Abutorabi. Sobald der Entwurf vom Parlament verabschiedet ist, können laut Abutorabi die anderen Widerstandsgruppen Mitglied der Allianz werden. Die solle bei einem Angriff Israels auf eines ihrer Mitglieder dafür sorgen, dass die Verbündeten umgehend militärisch, logistisch, politisch und wirtschaftlich einschreiten, sagte der Angeordnete laut Nachrichtenagentur Tasnim.
Der Begriff „Widerstandsfront“ steht im Iran für Gruppen, die das Existenzrecht Israels nicht anerkennen, zum bewaffneten Kampf gegen den jüdischen Staat aufrufen und die Rückkehr der Palästinenser in ihre „von den Zionisten besetzten“ Gebiete fordern. Zu den „Widerstandsgruppen“ zählen unter anderem die Schiitenmiliz Hisbollah in Südlibanon, einige palästinensische Gruppen sowie die syrische Regierung.
Die israelische Luftwaffe fliegt regelmäßig Angriffe auf iranische Einrichtungen in Syrien. Auch steht Israel im Dauerkonflikt mit der Hisbollah und Palästinenser-Organisationen im Gazastreifen. Das iranische Außenministerium hat sich zu der im Parlament geplanten Allianz noch nicht geäußert. Nach Ansicht von Beobachtern ist es fraglich, ob außer der irantreuen Hisbollah andere Gruppen Mitglied dieser Allianz werden wollen.
Das Ende des Erzfeinds Israels und die „Befreiung Palästinas“ gehören seit über 40 Jahren zur außenpolitischen Doktrin der Islamischen Republik Iran. Besonders die Hardliner, die derzeit die Mehrheit im Parlament haben, halten an dieser Doktrin fest und leugnen dabei auch den Holocaust. Allerdings können die Hardliner viele ihrer politisch motivierten Überlegungen und Pläne letztendlich nicht umsetzen.
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Iraner-erwaegen-Militaerallianz-gegen-Israel-article22326967.html
Teheran schätzt Kontakt zu den Taliban
Bei Gesprächen der radikal-islamischen Taliban-Führung in Teheran war man sich einig in der Schuldzuweisung: Die anhaltende Gewalt in Afghanistan gehe auf das Konto der USA.
„Die US-Strategie unterstützt die Fortsetzung von Gewalt und Krieg zwischen afghanischen Gruppen innerhalb des politischen Spektrums“, erklärte Ali Shamkani, Sekretär des Hohen Nationalen Sicherheitsrats des Iran, bei Gesprächen mit einer Delegation der Taliban, berichtet die iranische Nachrichtenagentur IRNA. Abdul Ghani Baradar, der Leiter des politischen Büros der Taliban, machte seinerseits klar: „Wir trauen den USA nicht und werden jede Gruppe bekämpfen, die Söldnerdienste für die USA leistet.“ Die US-Regierung unter Ex-Präsident Trump habe sich im Übrigen nicht konstruktiv im Sinne ihres Abkommens mit den Taliban verhalten, das nach langwierigen Verhandlungen im Februar 2020 in Doha unterschrieben worden war.

Gespräche zwischen den Taliban und dem Iran sind inzwischen zwar nicht mehr ungewöhnlich, doch selbstverständlich sind sie auch nicht. Nicht immer waren die Beziehungen der beiden Seiten so eng wie jetzt. Im Gegenteil: Vor einigen Jahren standen sich die beiden Akteure noch als offene Feinde gegenüber. So hätte der Iran im Jahr 1998 beinahe einen militärischen Feldzug gegen die Taliban gestartet. Diese hatten zuvor im Verein mit pakistanischen Kämpfern in der nordafghanischen Stadt Masar-i Scharif elf iranische Zivilisten getötet, darunter mehrere Diplomaten.
Neuen Partner gesucht und gefunden
Und noch im Jahr 2001, nach den Terroranschlägen vom 11. September in Washington und New York, unterstützte der Iran die USA in deren Kampf gegen die Taliban. Die Amerikaner verfolgten damals den für die Anschläge verantwortlichen Al-Kaida-Chef Osama bin Laden bis nach Afghanistan, wo er sich mit Duldung der Taliban aufhielt. Dies nahmen die USA zum Anlass, das Regime der Taliban in Afghanistan gemeinsam mit afghanischen Kämpfern zu stürzen.
Die Taliban kämpften jedoch weiter gegen die westlich gestützte neue Regierung in Kabul und gegen die afghanische Armee und ihre NATO-Verbündeten. Finanziert wurden die Extremisten unter anderem von Saudi-Arabien und später, nach der US-Invasion in den Irak 2003, von privaten fundamentalistischen Stiftungen. Erst als der Druck der USA auf das saudische Königreich und ihre engsten Verbündeten in der Region zunahm, unterband die Regierung in Riad den Geldfluss. Daraufhin suchten die Taliban einen neuen Partner: den Iran.
Schiitisch-sunnitisches Zweckbündnis
Anfangs sprach nicht viel für die neue Partnerschaft. Schon konfessionell waren beide Seiten denkbar weit voneinander entfernt. Der Iran sieht sich als Schutz- und Führungsmacht der Schiiten, die Taliban hingegen stehen für eine radikale sunnitische Deutung des Islam. Inzwischen spiele dieser Gegensatz aber keine Rolle mehr, sagt Hamidreza Azizi von Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
„Im Gegenteil, es hat sich gezeigt, dass auf beiden Seiten ein stark pragmatischer Ansatz vorherrscht. Aus iranischer Sicht sind die Taliban schlicht zu einflussreich, als dass sie sich ignorieren ließen. Umgekehrt halten die Taliban an ihren radikalen Überzeugungen zwar fest. Aber sie lassen auch die Bereitschaft erkennen, eine politische Rolle zu spielen. Das zeigt sich auch in den Gesprächen mit den USA über die Zukunft von Afghanistan. Dies veranlasst wiederum den Iran, Kontakt zu den Taliban zu halten.“

Dies gilt umso mehr, als sich die Konfrontation mit den USA seit der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die Trump-Administration 2018 verhärtet hat. „Auch aufgrund dieser Entwicklung will man in Teheran die Kontakte nach Afghanistan nicht verlieren“, sagt Azizi. Diese hinderten die iranische Regierung allerdings nicht, auch diplomatische Beziehungen zur regulären Regierung in Kabul zu pflegen.
„Die iranische Führung ist offenbar der Ansicht, dass ihre Interessen ohne Kontakte zu allen verschiedenen Parteien und Akteuren in Afghanistan aufgrund möglicher Verschiebung des Machtgefüges in der Zukunft gefährdet sein könnten“, so Azizi weiter.
Gemeinsame Front gegen den IS
Aus diesem Grund haben sich Vertreter des Iran und der Taliban bereits wiederholt zu Gesprächen getroffen. Und nicht nur das: Der Iran versorgt die Taliban auch mit Waffen. Dies hatte nach Berichten des Polit-Magazins „War on the Rocks“ der iranische Spitzenpolitiker Ali Shamkani gegenüber der afghanischen Regierung im Dezember 2018 auch eingeräumt. „Nur leichtere Waffen, kein Kriegsgerät.“ Die Waffen dienten dazu, die Sicherheit der Taliban in der iranisch-afghanischen Grenzregion zu erhöhen, sagte Shamkani damals. In der Region sind zahlreiche Schmuggler unterwegs. Es kommt immer wieder zu irregulären Grenzübertritten. Ebenso halten sich dort konkurrierende radikalsunnitische Gruppierungen wie die Jundullah auf.
Den Iran und die Taliban verbindet eine Reihe gemeinsamer Interessen. Beide arbeiten auf einen Rückzug des US-Militärs aus Afghanistan hin, beide bekämpfen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), die auch in Afghanistan Fuß gefasst hat. „Der Iran ist besorgt, dass die Fortsetzung der derzeit instabilen Situation in Afghanistan dem IS und anderen radikalen Gruppen mehr Handlungsspielraum geben und damit die Sicherheit der iranischen Ostgrenzen gefährden könnte“, sagt Hamidreza Azizi. Daher sehe Teheran die Notwendigkeit, die afghanische Regierung und die Taliban zu einem Kompromiss zu drängen.
Kuscheln mit Taliban nicht populär
Dasselbe Ziel verfolgt auch die US-Regierung. Das Streben nach einer nationalen Friedenslösung war Bestandteil des im Februar 2020 erzielten Abkommens mit den Taliban. Allerdings hat angesichts der andauernden Gewalt die neue US-Regierung unter Joe Biden durchblicken lassen, das unter Trump geschlossene Abkommen auf den Prüfstand stellen zu wollen. Das könnte den geplanten vollständigen Abzug des US-Soldaten aus Afghanistan auf unbestimmte Zeit verzögern. Die kriegerischen Äußerungen auf dem Teheraner Treffen könnten auf eine solche Entwicklung gemünzt sein.
Dass ein Schulterschluss Teherans mit den Taliban bei der iranischen oder der afghanischen Bevölkerungauf Begeisterung stoßen könnte, bezweifelt Iran-Experte Azizi von SWP. „Der Ansatz mag zwar den Sicherheitsinteressen Irans dienen und seinen Einfluss in Afghanistan bewahren, geht jedoch auf Kosten eines ernsthaften Imageschadens bei der eigenen Bevölkerung.“ Und angesichts der fortgesetzten gewalttätigen Aktionen der Taliban in Afghanistan seien auch dort die meisten Leute gegen Beziehungen der Gruppe zum Iran.
Quelle: https://www.dw.com/de/teheran-sch%C3%A4tzt-kontakt-zu-den-taliban/a-56390689