Droht Deutschland wegen Corona ein neuer Lockdown? Kommen neue Regeln? Eine Übersicht zur aktuellen Lage vor dem Treffen von Merkel und den Ministerpräsidenten. Die Ministerpräsidentenkonferenz berät am Dienstag 10. August zum ersten Mal seit Monaten über die Corona-Politik.

- Droht Deutschland ein erneuter Corona-Lockdown?
- Das nächste Bund-Länder-Treffen von Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten wurde auf den 10.08.2021 vorgezogen
- Gesundheitsminister Jens Spahn will neue Corona-Regeln
- Ohne Corona-Impfung sollen dann keine Restaurants und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mehr besucht werden dürfen
- Die Maskenpflicht soll verlängert werden
- Schülerinnen und Schüler könnten einem Medienbericht zufolge nach den Sommerferien massenhaft in Quarantäne
- Zudem gibt es eine erste Studie zur neuen Mutation des Coronavirus, der Lambda-Variante
Nachdem die Inzidenz bundesweit stark gesunken war, steigt sie aktuell wieder leicht an. Seit Monaten war sie maßgeblich für die Bewertung des Corona-Geschehens in Deutschland. Vor der Bund-Länder-Konferenz am Dienstag mehren sich jetzt aber die Rufe nach einer Abkehr von der Corona-Inzidenz als zentralem Richtwert. SPD-Chefin Saskia Esken forderte am Wochenende eine Neuausrichtung der Corona-Warnwerte; es müsse künftig mehr auf die Auslastung des Gesundheitssystems geachtet werde. Ähnlich äußerten sich die Regierungschefs von Bremen und Niedersachsen, Andreas Bovenschulte und Stephan Weil (beide SPD), sowie der Einzelhandelsverband HDE.“Wir brauchen einen neuen Wert, der das aktuelle Infektionsgeschehen beschreibt und Inzidenz und Impfquote nachvollziehbar miteinander ins Verhältnis setzt, sagte Bovenschulte der „Welt“ vom Samstag. Dank der Impfungen sei es mittlerweile „deutlich unwahrscheinlicher“ geworden, dass sich Menschen mit dem Coronavirus anstecken oder daran erkranken: „Noch unwahrscheinlicher ist es, schwer zu erkranken“. Dies müsse „in möglichen neuen Corona-Regeln zum Ausdruck kommen“.
Inzidenz, vierte Welle, Maskenpflicht: Darüber diskutieren Merkel und die Ministerpräsidenten
Weil forderte Bund und Länder auf, sich „zwingend gemeinsam auf neue Parameter für die Bewertung der Gefährdungslage“ zu verständigen. Zudem seien gemeinsame Kriterien für den Umgang mit Geimpften, Genesenen und Getesteten nötig. Dazu solle gehören, dass Ungeimpfte „ab einem noch festzulegenden Zeitpunkt im Herbst ihre Tests auch selbst bezahlen müssen – natürlich mit Ausnahme derer, die beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können“, sagte er der „Welt“.Unabhängig von der Diskussion um den maßgeblichen Kennwert für die Ergreifung und Verabschiedung von Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ist festzustellen: die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland nimmt wieder zu. Das Gesundheitsministerium spricht von ersten Anzeichen einer vierten Welle. Generell spielt die gefährliche Delta Variante dabei eine große Rolle. Worüber werden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am Dienstag beim Corona-Gipfel beraten?
Lambda-Variante: Wie gefährlich ist die neue Coronavirus-Mutation?
Zudem rückt eine weitere Virus-Mutation, die Lambda-Variante, in den Vordergrund. Eine erste Studie aus Japan zeigt laut bild.de, dass die neue Mutante aus Südamerika nicht nur ansteckender, sondern auch resistenter gegen Antikörper sein könnte. Doch die jüngsten Daten aus Japan sorgen bei Fachleuten nicht für besondere Beunruhigung. Andere Studie zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Was ist bisher bekannt und wie gefährlich ist die Lambda-Variante wirklich?
Aktuelle Impfbereitschaft und Impfquote in Deutschland: Droht die vierte Welle im Herbst?
Aktuell sind in Deutschland rund 51,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger gegen Covid-19 geimpft. Das entspricht einer Impfquote (Stand: 05.08.2021) von:
- Erstimpfung 62,1 Prozent
- vollständig 53,6 Prozent
Angesichts der neuesten Fallzahlen und der sinkenden Impfbereitschaft der Deutschen appelliert Spahn auf Twitter: „Impfen ist ein patriotischer Akt: Man schützt nicht nur sich selbst, sondern uns als Gesellschaft. Gemeinsam können wir für sicheren Herbst und Winter sorgen.“
Kommen neue Corona-Regeln gegen eine vierte Welle in Deutschland?
Der Gesundheitsminister will einer vierten Welle im Herbst mit weiteren Maßnahmen entgegentreten. Dafür hat er konkrete Pläne für neue Regeln vorgelegt. Ohne Corona-Impfung wäre dann kein Besuch von Gastronomie oder Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mehr möglich. Auch eine Verlängerung der Maskenpflicht um mehrere Monate ist geplant. Doch wie genau sehen die neuen Corona-Regeln nach dem Spahn-Plan aus?
Sind Coronatests bald nicht mehr kostenlos?
Von Oktober 2021 an könnten Corona-Schnelltests nicht mehr kostenlos sein. Das Gesundheitsministerium schlägt vor, die kostenlosen Bürgertests für alle Mitte Oktober zu beenden – etwa zum 11. oder zum 18.10.2021. Danach sollen nur noch Personen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliege (Schwangere) weiterhin kostenlose Schnelltests erhalten. Aber warum und wer soll dann dafür bezahlen?
Medienbericht: RKI rät zu „Massenquarantäne“ für Schulkinder nach den Sommerferien
Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt, die ganze Schulklasse in Quarantäne zu schicken, sobald eine Schülerin oder ein Schüler positiv getestet wird. So habe es RKI-Vizechef Prof. Lars Schaade (55) den Chefs der Staatskanzleien der Länder in einer internen Regierungsschaltkonferenz geraten, wie bild.de berichtet. Der Grund: Man wolle wegen der noch zu geringen Erkenntnisse über die gefährliche Delta-Variante auf Nummer sicher gehen und erst ermitteln, welche Kinder sich womöglich angesteckt haben.
Baden-Württemberg will Inzidenz nicht mehr als Richtwert nehmen
In Baden-Württemberg soll im Umgang mit der Corona-Pandemie künftig die Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften in den Vordergrund stehen und der Inzidenzwert vernachlässigt werden. So soll die Inzidenz als Richtwert aus der Coronaverordnung BW gestrichen werden.
Vor Bund-Länder-Treffen“Druck auf Nicht-Geimpfte wird zunehmen“

Mit welcher Corona-Strategie gehen Bund und Länder in den Herbst? Am Dienstag soll die Entscheidung fallen, die politische Diskussion ist voll im Gange. Kommunen und Wirtschaft dringen auf Klarheit.
Vor den Bund-Länder-Beratungen am Dienstag ist eine Diskussion um Rechte und Pflichte von Ungeimpften und Geimpften entbrannt. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus forderte einen Perspektivwechsel. Er erlebe momentan, „dass die Geimpften sauer sind auf die Nicht-Geimpften“, sagte Brinkhaus der „Welt am Sonntag“. „Ich glaube, der Druck durch den geimpften Teil der Bevölkerung wird enorm zunehmen. Und das ist völlig nachvollziehbar.“
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet lehnte hingegen eine Benachteiligung von Ungeimpften ab, sofern diese einen negativen Corona-Test vorweisen können. „Wer geimpft, genesen oder getestet ist, den darf der Staat nicht von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausnehmen“, sagte der CDU/CSU-Kanzlerkandidat der „Bild am Sonntag“. Die so genannte 3-G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) sei „sinnvoll, maßvoll und umsetzbar“.
Bovenschulte gegen Nachteile für Ungeimpfte
Ähnlich argumentiert Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte. „Ich glaube, mit Überzeugung kommt man weiter als mit Druck. Das ist jedenfalls die Erfahrung, die wir in Bremen gemacht haben“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Ansätze, Nicht-Geimpfte von bestimmten Veranstaltungen oder Besuchen auszuschließen, halte er für „wenig zielführend“. So sei es nicht möglich, eine klare Abgrenzung zur Grundversorgung eines Menschen zu treffen, meinte Bovenschulte.
„Gehören Wahlveranstaltungen, der Kirchgang oder Volkshochschulkurse zur Grundversorgung eines Menschen? Was ist mit Schwimmen oder dem Besuch im Fitnesscenter, um sich gesund zu halten?“, fragte er und fügte hinzu: „Diese Probleme kriegen Sie doch ohne erheblichen bürokratischen Aufwand kaum gelöst.“ Außerdem gebe es schon spürbare Nachteile für Nicht-Geimpfte.
t und zu wenig über die Rechte von Geimpften.“
Der CDU-Politiker geht laut eigenen Worten davon aus, dass Hoteliers, Clubs und Veranstalter künftig nur noch Geimpfte in ihre Häuser lassen. Brinkhaus forderte außerdem die Rückkehr zum Leben vor Corona: „Wir müssen zu einer Normalität zurückkehren, und zwar bald und nicht erst in Jahren. Ein Restrisiko wird bleiben, aber damit müssen wir dann umgehen.“ Der Fraktionschef fügte hinzu: „Ich gehöre zwar zum Team Vorsicht, aber wir können nicht die nächsten 30 Jahre unser Leben Covid unterordnen.“
Habeck fordert mehr Rechte für Geimpfte
Auch Grünen-Chef Robert Habeck nimmt die Nicht-Geimpften in die Pflicht: „Es geht nicht darum, Ungeimpfte auszuschließen“, sagte er im ZDF-Sommerinterview. Es gehe darum, Geimpften Grundrechte und ein freies Leben zurückzugeben – auch im Winter und im Herbst. „Es wird einen Unterschied geben im Zugang von Rechten und in der Freiheit des Lebens zwischen den Geimpften und Ungeimpften. Und zwar werden die Geimpften, solange das die Gesellschaft und das Gesundheitssystem tragen kann, mehr Rechte haben.“
Man habe das Recht, sich nicht impfen zu lassen. „Aber man hat nicht das Recht, dass alle Geimpften und der Rest der Gesellschaft und die Kinder dann Rücksicht darauf nehmen, weil man sich selbst entschieden hat, sein eigenes Leben und die Gesellschaft zu gefährden“, so Habeck. Es müsse niedrigschwellige Impfangebote geben, zum Beispiel vor Discountern, vor Tafeln oder in Schulen. Diese Mittel seien noch nicht ausgeschöpft.
Beschränkungen für Ungeimpfte sorgen für Debatten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder wollen am Dienstag über das weitere Vorgehen beraten. Das Bundesgesundheitsministerium hat dazu Vorschläge gemacht. Vor allem mögliche Beschränkungen für Ungeimpfte sorgen für Debatten. Das Ministerium schlug auch ein Ende der kostenlosen Schnelltests für Mitte Oktober vor. Seit mehr als einem Monat steigt die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder an.
Der Städtetag fordert eine Impfstrategie für Herbst und Winter, um für eine vierte Corona-Welle besser gewappnet zu sein. „Wir haben eine ganze Reihe neuer Impfaufgaben vor der Brust: Auffrischungsimpfungen für Ältere und Pflegebedürftige, mehr Impfungen für Kinder ab zwölf Jahren und noch viel mehr direkte Impfangebote“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Die Städte bräuchten Klarheit über den September hinaus, wenn die meisten großen Impfzentren schließen.
Kommunen und Wirtschaft fordern einheitliches Vorgehen
Der Städte- und Gemeindebund verlangte von Bund und Ländern ein einheitliches Vorgehen. „Wir dürfen nicht damit beginnen, neue Flickenteppiche zu weben“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Funke-Mediengruppe. Die bestehenden Regeln zu Abstand, Masken und Hygiene sollten überall weiter gelten – unabhängig von Impfungen.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte einen „verbindlichen Plan zur Verhinderung des nächsten Lockdowns“. Entsprechende Forderungen kommen auch aus der Wirtschaft. „Ein erneuter, für den deutschen Mittelstand katastrophaler Lockdown muss jetzt verbindlich ausgeschlossen werden“, heißt es in einem Brief des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft an Laschet, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, warnte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Ein weiterer Lockdown wäre für viele kleine und mittelständische Unternehmen in der Gastronomie, der Hotellerie oder im Einzelhandel der endgültige Genickbruch.“
Fixierung auf Inzidenzwert wird wohl fallen
Viel Zustimmung gibt es zu Forderungen, die Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr zum alleinigen Maßstab für die Corona-Maßnahmen zu machen. Ausschlaggebend müsse auch die Belegung von Krankenhausbetten und Intensivstationen sein, sagte Laschet. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt befand in der „Bild am Sonntag“: „Die Inzidenz als alleiniges Maß aller Dinge hat ausgedient.“ Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warb für eine „Corona-Ampel“.
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/diskussion-geimpfte-ungeimpfte-101.html