
Das soziale Netzwerk will keine Daten von Onlinehetzern an das Bundeskriminalamt weitergeben müssen: Nach SPIEGEL-Informationen hat Twitter kurz vor einem wichtigen Stichtag Klage eingereicht.
Twitter klagt vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen eine Neuerung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). Das Unternehmen wehrt sich gegen die zum 1. Februar in Kraft tretende Verpflichtung, Daten von mutmaßlichen Straftätern an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. »Wir sind darüber besorgt, dass das Gesetz einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Bürger vorsieht«, erklärte ein Sprecher.
Die Klage von Twitter richtet sich nach SPIEGEL-Informationen gegen §3 a und b des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, die beide eine neue Zentralstelle beim Bundeskriminalamt (BKA) betreffen. Das Bundesjustizministerium wollte mit dieser Zentralstelle dafür sorgen, dass mutmaßliche Straftäter auf Social-Media-Plattformen effizienter und schneller ermittelt werden. Die Regelung soll auch gegen Rechtsextremismus im Netz helfen und wurde vom Ministerium mit Blick auf die Angriffe von Halle, Hanau und Kassel vorangetrieben.
Allerdings hat sich keines der großen Techunternehmen technisch an die Schnittstelle des BKA angeschlossen. Die Zentralstelle startet daher mit einem »Alternativszenario« (lesen Sie hier mehr über die aktuellen Pläne des BKA gegen Onlinehetzer).
Ein Twitter-Sprecher kritisierte die »Verpflichtung zur proaktiven Weitergabe von Nutzerdaten«. Man sei besorgt, dass die neue Regelung »private Unternehmen in die Rolle von Staatsanwälten zwingt, indem sie Nutzer auch dann an die Strafverfolgungsbehörden melden, wenn kein illegales Verhalten vorliegt.«
Zuvor hatten bereits Google, TikTok und der Meta-Konzern mit seinen beiden Plattformen Facebook und Instagram gegen die neue NetzDG-Regelung geklagt. Obwohl diese Klagen keine aufschiebende Wirkung haben, müssen die Unternehmen offenbar keine Konsequenzen dafür fürchten, dass sie nichts an das BKA melden. Das Bundesjustizministerium möchte zumindest in den Eilverfahren von Meta und Google zunächst den Ausgang der entsprechenden Verfahren des Verwaltungsgerichts Kölns abwarten.
Na wenigstens sind alle „Banditen“ jetzt beisammen. Die Weitergabe von Daten von Onlinehetzern an die BKA Zentralstelle wäre mal ein Anfang das die Online-Platformen Verantwortung für Ihren Digital gesammelten Müll übernehmen. Zumal Sie daran verdienen. Besonders die „Leichen im Keller“ von Twitter kenne ich sehr gut: am Laufenden Band werde Frauen (egal ob alleinstehend oder Verheiratet) und junde Mädchen von Usern Sexuell belästigt. Denn Twitter-Account @_0rbit und sein Weihnachtskalender gefunden und als Prüffall eingestuft (von den Straftaten zu erwarten sind oder diese vorbereitet). Oder die User benutzen Bilder von Straftaten Bild-Header für Twitter Account. Anders als ein Polizeibeamter kann ich mir alles anschauen und wenn ich möchte einer Sache genauer nachgehen, ich unterstehe ja keiner Behörde (vorgesetzten) auch nicht dem Polizeigesetz auch brauche ich keine Erlaubnis vom Gericht wenn ich mir etwas genauer bzw., einen User genauer anschauen möchte. Natürlich hab ich hier und da mal was übermittelt, aber es ist nicht zu schaffen die pure Maße an Straftaten allein auf Twitter und dann gibt es ja auch keine örtliche Zuständigkeit durch die Anonymität im Netz. Besonders wenn ich , mich ich bei Twitter beschwere das Frauen und Mädchen belästigt werden passiert nichts. Was möchte eine Online-Plattform mit solchen User die den Dienst nur dafür nutzen.
Ich bezweifle ja das Richter/Richterinnen und Staatsanwälte wirklich wissen was in Sozial-Mediaplatformen passieren bzw. was für Straftaten dort abgeht. Die Strafverfolgung (Justitz) wir gerade zu auf der Nase rumgetanzt, deshalb kann ich Googel, Twitter, Facebook und Co. nicht ab, die tragen nämlich auch Ihren Beitrag dazu. Schlimmer noch Sie sehen Kriminelle User auf Ihren Plattformen als schützenwert an.
Christian Dauck
Schade das dass Verwaltungsgericht Köln so lange braucht, selbst das Eilverfahren dauert Monate. Das interessiert mich ja schon sehr was die zu sagen haben und lassen ein so lange warten. Man Freit sich ja das die Zentralstelle kommt – Muss aber auch immer wieder befürchten das das VG Köln der Abteilung den Stecker zieht. VG Köln: An Verfahren wird mit Hochdruck gearbeitet, das ist ja schon mal gut und wichtig.
Freue mich aber trotzdem das die Zentralstelle ab 1. Februar startet, wenn auch mit einem »Alternativszenario«.
Christian Dauck
Start der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet
Am 1. Februar nimmt unter dem Dach des BKA die „Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet“ ihre Arbeit auf. Der Innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm, und SPD-Innenpolitikexperte Sebastian Hartmann hoffen auf eine abschreckende Wirkung.
Die neue Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) soll die konsequente Strafverfolgung der Verfasser strafbarer Inhalte durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden in den Ländern ermöglichen. Mit rund 200 Beamtinnen und Beamten unter dem Dach des Bundeskriminalamtes startet die ZMI fristgerecht zum 1. Februar. Basis ihrer Arbeit ist das reformierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Es sieht vor, dass soziale Netzwerke strafbare Inhalte nicht mehr wie bisher lediglich löschen, sondern an das BKA melden müssen. Das BKA rechnet wegen des neuen NetzDG mit rund 250.000 Meldungen, der Richterbund prognostiziert etwa neue 150.000 Strafverfahren im Jahr.
Alexander Throm: Strafverfolgung von Hass und Hetze auf eine neue Ebene gehoben
Der Heilbronner CDU-Politiker Alexander Throm, Innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, ist zuversichtlich, dass die Meldestelle erfolgreich arbeiten wird: „Mit der noch von der Großen Koalition auf den Weg gebrachten Zentralen Meldestelle beim BKA wird die Strafverfolgung von Hass und Hetze im Netz auf eine neue Ebene gehoben.“ Künftig könne sich niemand, der im Netz andere bedrohe oder beleidige, mehr vor Strafverfolgung sicher fühlen. Throm: „Ich hoffe und erwarte eine abschreckende Wirkung und dadurch mehr Ordnung in den großen sozialen Netzwerken.“ Er fügte hinzu: „Sollte die Bundesregierung feststellen, dass viele Nutzer auf kleinere Plattformen ausweichen, für die die Meldepflicht bislang nicht gilt, muss sie umgehend nachsteuern. Außerdem erwarte ich von Bundesinnenministerin Faeser konkrete Ergebnisse bei ihrem im Dezember angekündigten schärferen Vorgehen gegen Telegram.“
Sebastian Hartmann: Es bedarf einer unmittelbaren Bearbeitung
Sebastian Hartmann, Innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärt zum ZMI-Start: „Aufgrund der stetigen Zunahme von Hass, Hetze und Straftaten im Netz brauchen wir ein offensives Vorgehen durch konsequente Strafverfolgungen.“ Mit der ZMI sei dementsprechend ein neuer Schwerpunktbereich im BKA geschaffen worden. Hartmann: „Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen schneller erkannt, bearbeitet und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden in den Ländern weitergeleitet werden. Es bedarf einer unmittelbaren Bearbeitung, um den Nutzerinnen und Nutzern im Netz – und im Umkehrschluss auch auf der Straße – mehr Sicherheit zu gewährleisten und Hetze keinen Raum zu bieten.“
VG Köln: An Verfahren wird mit Hochdruck gearbeitet
Offen ist noch, ob große Anbieter wie Facebook und Google mit ihrer Klage beim Verwaltungsgericht Köln Erfolg haben werden. Ein Sprecher des Gerichtes erklärte: „An den Verfahren wird weiter mit Hochdruck gearbeitet. Wann Entscheidungen ergehen werden, ist derzeit offen.“ Die Großkonzerne finden es unverhältnismäßig, alle Beiträge selbst auf Strafbarkeit prüfen und sie im Zweifel an das BKA weiterleiten zu müssen. Deshalb hatten sie im Juli 2021 Klage eingereicht. Das Bundesjustizministerium hatte daraufhin im August entschieden, zunächst nicht auf Meldungen beider Konzerne zu bestehen. Auch der Anbieter TikTok wehrt sich seit vergangener Woche auf dem Klageweg gegen die Pflicht zur proaktiven Meldung.
Meldungen auch vom Demokratiezentrum Baden-Württemberg
Gleichwohl starte das ZMI am 01.02.2022 den „Wirkbetrieb“, teilte das BKA mit. Es würden dezentrale Meldestrukturen, die in den Ländern zur Bekämpfung von Hass und Hetze bereits bestehen, zentral zusammengeführt. So werden zunächst Meldungen der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt aus dem Aktionsprogramm „Hessen gegen Hetze“ und Meldungen der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC) bei der Staatsanwaltschaft Köln aus der Initiative „Verfolgen statt nur löschen“ im ZMI-Prozess verarbeitet. Zudem werden auch Hinweise der Meldestelle „REspect!“ der Jugendstiftung im Demokratiezentrum Baden-Württemberg, die bislang in Kooperation mit dem LKA Baden-Württemberg bearbeitet wurden, berücksichtigt.
ZMI-Team wurde gezielt geschult
Das Vorgehen der ZMI: In den Fällen, in denen eine strafrechtliche Relevanz gegeben ist, ist es Aufgabe, den Verursacher des gemeldeten Beitrages festzustellen, um den Vorgang im Erfolgsfall an die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörde, in der Regel das zuständige LKA, abgeben zu können. Die Entgegennahme und Bewertung von Anzeigetatbeständen ist zwar Bestandteil der Polizeiausbildung. Das BKA hat aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZMI hinsichtlich der strafrechtlichen Bewertung von gemeldeten Sachverhalten nochmals gezielt geschult.
Zur Frage, ob auch Nutzer selbst mutmaßlich strafbare Inhalte melden können, heißt es aus dem Bundeskriminalamt: „Der Meldeprozess gemäß NetzDG sieht vor, dass die Meldestelle des BKA nur durch die verpflichteten Telemediendiensteanbieter elektronisch angesteuert werden kann. Diese sind allerdings ihrerseits sind verpflichtet, auf die bei ihnen eingegangenen Beschwerden von Nutzern zu reagieren.“ „Über den Umweg“ der Telemediendienstanbieter könnten somit auch Bürger dem BKA die von ihnen im Netz festgestellten Hass-Inhalte melden.
Zugriff auf Telegram mit Sitz in Dubai fällt schwer
Zuletzt rückte immer stärker die Plattform Telegram in den Fokus der Behörden. Der Messengerdienst wurde durch den Russen Pavel Durov gegründet und ist in Dubai beheimatet. Deutschland fällt der Zugriff deshalb schwer. „Telegram wird in allen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Phänomenbereichen verstärkt genutzt“, teilte die Behörde vor kurzem mit: „Insbesondere Anhänger der verfassungsschutzrelevanten Corona-Leugner-Szene nutzen die Plattform zur Verbreitung der eigenen Agenda sowie zur Mobilisierung für Demonstrationen und Veranstaltungen.“
Telegram erlaubt neben individueller Kommunikation auch Gruppendiskussionen von mehreren Tausend Nutzern. Das Bundesjustizministerium vertritt inzwischen die Auffassung, Telegram sei kein reiner Messengerdienst, sondern ein soziales Netzwerk. Folglich gelte für Telegram ebenfalls das NetzDG. Auf zwei laufende Bußgeldverfahren hat das Unternehmen indes bislang nicht reagiert.