Gerichtsverfahren: AfD droht Geheimdienstbeobachtung/Duell vor Gericht: AfD versus Verfassungsschutz

Dieses Mal geht es für die AfD ums Ganze. Wenn das Verwaltungsgericht Köln am 8. und 9. März 2022 abschließend über vier Klagen der Alternative für Deutschland (AfD) verhandelt, steht die gesamte Partei im Fokus.

Datum 07.03.2022 In einigen Bundesländern wird die Alternative für Deutschland schon länger vom Geheimdienst beobachtet. Gegen eine bundesweite Überwachung hat sich die Partei bislang erfolgreich gewehrt. Das könnte sich bald ändern.

Dieses Mal geht es für die AfD ums Ganze. Wenn das Verwaltungsgericht Köln am 8. und 9. März 2022 abschließend über vier Klagen der Alternative für Deutschland (AfD) verhandelt, steht die gesamte Partei im Fokus. Die entscheidende Frage lautet: Darf auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Rechtspopulisten öffentlich als „Verdachtsfall“ oder „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einordnen? Bislang ist das nur in einigen Bundesländern der Fall.

Für die AfD steht viel auf dem Spiel

Sollte es deutschlandweit dazu kommen, hätte der zentrale Inlandsgeheimdienst freie Hand, die AfD überall mit sogenannten nachrichtendienstlichen Mitteln unter die Lupe zu nehmen. Solche Einstufung hätte nicht nur zur Folge, dass der Geheimdienst künftig oberservieren, Informanten anwerben oder unter strengen Voraussetzungen auch Telefonate und Emails überwachen darf. Sie wirkt nach Experteneinschätzung auch imageschädigend und dürfte zu einem Mitgliederschwund führen. So lange die Bundespartei offiziell lediglich als „Prüffall“ gilt, dürfen nur allgemein zugängliche Quellen ausgewertet werden: alles, was Politiker und Mitglieder dieser Partei öffentlich sagen und schreiben – im Parlament, auf Parteitagen und Demonstrationen oder in sozialen Medien wie Twitter und Facebook.

Letzte Instanz wäre das Bundesverfassungsgericht

Diese Ereignisse hat natürlich auch der Verfassungsschutz aufmerksam registriert. Wenig später spekulierten einige Medien, die gesamte AfD werde schon bald zum Verdachtsfall erklärt. Passiert ist seitdem allerdings nichts. Stattdessen befindet sich das Duell zwischen der Zentrale des deutschen Inlandsgeheimdienstes und den Rechtspopulisten in der nächsten juristischen Runde. 

Die AfD beantragte beim Verwaltungsgericht Köln, dem Verfassungsschutz zu verbieten, sie als Verdachtsfall einzustufen und dies öffentlich bekanntzugeben. Zur Begründung berief sie sich unter anderem auf das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. Das BfV hat dem Gericht zugesagt, bis zum Abschluss des Verfahrens die Füße still zu halten.

Seitdem hat Verfassungsschutz-Chef Haldenwang dazu geschwiegen. Sollte die jetzt bevorstehende Entscheidung zu Ungunsten der AfD ausfallen, will sie notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das sagte der nach Meuthens Austritt nunmehr alleinige Partei-Vorsitzende Tino Chrupalla schon im Dezember 2020.

Quelle: https://www.dw.com/de/duell-vor-gericht-afd-versus-verfassungsschutz/a-56376129

Quelle: https://www.zeit.de/news/2022-03/06/afd-droht-geheimdienstbeobachtung


04.03.2022

Der Verfassungsschutz will die AfD beobachten. Das VG Köln muss entscheiden, ob seine Funde dafür ausreichen. Das Urteil wird Folgen für die Parteienlandschaft haben – und schon der Anlauf zum Prozess war alles andere als störungsfrei.

In der kommenden Woche dürfte es in der Messe Köln um nicht viel weniger gehen als um das politische Schicksal der AfD. In einen Saal auf dem Messegelände am Rhein hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln einen Prozess der innenpolitischen Superlative verlegt, die Süddeutsche Zeitung nannte es ein „Endspiel“. Die Partei klagt gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Inlandsnachrichtendienst will die Gesamtpartei AfD beobachten (Az. 13 L 105/21 u.a.).  

Sollte das Gericht dem Verfassungsschutz Recht geben, dürfte der Nachrichtendienst sein volles Instrumentarium zum Einsatz bringen: Parteifunktionäre durchleuchten, ihre E-Mails mitlesen, Telefongespräche abhören. Ein sensibler Schritt in der politischen Landschaft gegen eine Partei, die nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten, in allen Landtagen sowie dem Bundestag vertreten ist und dort in der vergangenen Legislatur die größte Oppositionspartei war.  

Wann kommt das Urteil? 

Die Entscheidung des VG wird bedeutende Folgen haben. Eine Beobachtung durch das BfV dürfte die Partei weiter polarisieren. Noch verbliebene gemäßigte Mitglieder werden über ihre Zukunft in der Partei zweimal nachdenken – vor allem wenn sie Beamte oder Richter sind. Andere Mitglieder werden sich bestätigt sehen und ihre Arbeit trotz Überwachung fortzusetzen. Das ganze Verfahren mag auch zeigen, dass bereits die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eine starke Wirkung auf das Schicksal einer politischen Partei haben kann, lange bevor es zu einem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht kommt. 

Insgesamt werden vier Klagen und zwei Eilverfahren verhandelt. Es geht nicht nur um die Frage der Beobachtung, aber auch der Information über die Beobachtung durch das BfV. Gelten für die Behörde auch die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung? Nicht zufällig wird die AfD von einer Kölner Medienrechtskanzlei vertreten. 

Eine Menge Stoff wartet also in dem Prozess, das VG hat dafür zwei Tage terminiert. Ob auch beide Tage verhandelt werden muss und vor allem ob am Ende schon ein Urteil verkündet wird, ist offen.

Quelle: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/vg-koeln-verfassungsschutz-afd-fluegel-partei-beobachtung-extremismus-grundgesetz/