
Die Ampel hat sich auf eine Abschöpfung von »Zufallsgewinnen« bei Energieunternehmen geeinigt. Die entsprechenden Gesetze sollen im Idealfall EU-weit gelten – notfalls aber auch national beschlossen werden.
Die Ampel-Koalition will eine Strompreisbremse für Bürger durch die Abschöpfung von übermäßigen Gewinnen bei einigen Energiefirmen finanzieren. Sogenannte »Zufallsgewinne«, die bei Unternehmen aufgrund der hohen Energiepreise entstünden, würden abgeschöpft, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag bei der Vorstellung des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung.
Betroffen sind vor allem Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien, aber auch solche, die Kohle- oder Atomstrom erzeugen. Ihre Produktionskosten sind derzeit deutlich niedriger als die der Gaskraftwerke, letztere bestimmen aber am europäischen Strommarkt den Preis.
Hierbei setzte die Bundesregierung zunächst auf eine Einigung auf europäischer Ebene, die Koalitionspartner seien aber auch bereit, eine solche sogenannte Übergewinnsteuer alleine auf nationaler Ebene »zügig umzusetzen«, sagte der Kanzler.
Abschöpfung von »Zufallsgewinnen« soll zweistelligen Milliardenbetrag bringen
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verwies dabei auf Vorschläge, die von der EU-Kommission zu einer Übergewinnsteuer und Strompreisbremse gemacht wurden. Er bezifferte die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.
»Durch die teilweise Abschöpfung von Zufallsgewinnen entstehen finanzielle Spielräume, die gezielt für die Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa genutzt werden sollen«, heißt es im Beschlusspapier. Die Bundesregierung werde sich »mit Nachdruck« dafür einsetzen, dass es »schnell« eine Einigung auf EU-Ebene gebe. Andernfalls werde Deutschland die Änderung selbst umsetzen.
Lindner betonte, dass diese Gewinnabschöpfung, »außerhalb des Bundeshaushalts« erfolge. Es handle sich um eine energierechtliche, nicht um eine steuerrechtliche Maßnahme.
Scholz zeigte sich überzeugt, dass die Einführung auf europäischer Ebene »schnell« gelingen werde. In Europa gebe es aber ein hohes Interesse, dies gemeinsam zu tun. Er glaube deshalb nicht, dass sich die Umsetzung auf EU-Ebene »über Wochen und Monate« hinziehen werde.
Aus der Gewinnabschöpfung werde dann die Strompreisbremse für einen Basisverbrauch von Privathaushalten finanziert, heißt es im Beschlusspapier der Koalition. »Den Privathaushalten kann so eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden.« Sie würden »so finanziell spürbar entlastet und gleichzeitig bleibt ein Anreiz zum Energiesparen erhalten«. Für kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif würde dieselbe Regelung gelten.
Neues Entlastungspaket der Regierung: So soll die Strompreisbremse funktionieren
Die Ampel-Koalition hat am Wochenende über Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger diskutiert und ein Maßnahmenpaket beschlossen, das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag vorstellte. Teil dieses Pakets ist auch eine Strompreisbremse für die Verbraucher.
Scholz bezeichnet die Pläne dafür als „große und dramatische Entlastung auf dem Strommarkt“, die am Ende dazu beitragen würde, dass die Preise am Strommarkt auch langfristig sinken würden. Doch wie genau sieht diese Strompreisbremse aus?
Bis zu einem bestimmten „Basisverbrauch“ hin, soll der Strom vergünstigt werden – es gibt also eine Art Basisversorgung zu billigeren Preisen. Der Strom, der darüber hinaus verbraucht wird, wird nicht mehr vergünstigt. So sollen die Bürger entlastet werden, „gleichzeitig bleibt ein Anreiz zum Energiesparen“, heißt es in dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses.
Preisvergünstigung bis zu einem Basisverbrauch
Bis jetzt hat sich die Bundesregierung jedoch noch nicht dazu geäußert, welche Höhe dieser „Basisverbrauch“ haben soll. Auch ist unklar, wie hoch die Vergünstigung tatsächlich sein soll. Das wird auch maßgeblich mit den tatsächlichen Strompreisen in den kommenden Monaten zusammenhängen.
Neben den Haushalten sollen auch kleine und mittelständische Unternehmen, die einen Versorgertarif haben, von der Strompreisbremse profitieren.
Um die Strompreisentwicklung weiter abzukühlen, sollen auch die Netzentgelte gedämpft werden. Hohe Kosten für Stromerzeuger infolge steigender Gaspreise würden im Januar durch die Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt und so an die Verbraucher weitergegeben werden. Diese Stromnetzentgelte sollen von der Politik bezuschusst werden, um den Strompreis zu reduzieren.
Finanziert werden soll die Strompreisbremse und die Dämpfung der steigenden Netzentgelte durch eine „Abschöpfung der Strommarkt-Zufallseinnahmen“. Heißt: Gewinne von Energieunternehmen mit deutlich gestiegenen Margen sollen vom Staat abgeschöpft werden.
EU-Kommission schlägt Strompreisdeckel und Übergewinnsteuer vor
Die EU-Kommission will Bürger weiter entlasten. Ein Papier mit möglichen Maßnahmen schlägt vor, die Übergewinne der Produzenten an Verbraucher weiterzugeben.
Um die hohen Stromrechnungen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa zu senken, schlägt die EU-Kommission staatliche Preisdeckel sowie eine Übergewinnsteuer vor. Das geht aus einem Papier zu „Notfall-Eingriffen auf dem Strommarkt“ hervor, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plädierte darüber hinaus am Freitag für einen „Preisdeckel für russisches Pipeline-Gas nach Europa“.
Wegen der massiv gestiegenen Energiepreise will von der Leyens Behörde „die Funktionsweise der europäischen Strommärkte optimieren und die Auswirkungen der Gaspreise auf die Verbraucherpreise verringern“, wie es in dem 23-seitigen Papier heißt. Es dient als Vorlage für das Dringlichkeitstreffen der EU-Energieminister kommende Woche Freitag in Brüssel.
Gewinne von Stromerzeugern sollen teilweise abgeschöpft werden
Konkret sollen die Mitgliedsländer die Möglichkeit erhalten, über eine Preisgrenze Gewinne solcher Stromproduzenten abzuschöpfen, die derzeit besonders kostengünstig produzieren und von der De-facto-Bindung des Strompreises an den massiv gestiegenen Gaspreis in Europa profitieren. Dazu gehören laut Kommission Ökostrom-Produzenten sowie Betreiber von Atom- und Braunkohlekraftwerken. Die Regierungen könnten die Übergewinne dann an die Verbraucher weitergeben.
Von der Leyen plädierte dafür, „die überbordenden Gewinne“ von Stromerzeugern teilweise abzuschöpfen, „um gezielt kleine Einkommen und vulnerable Unternehmen zu unterstützen in diesen Zeiten des teuren Stroms“.
Zusätzlich sei es Zeit „für einen Preisdeckel auf russisches Pipeline-Gas nach Europa“, forderte von der Leyen. Eine verlässliche Versorgung aus Russland sei ohnehin nicht mehr gewährleistet. Der russische Präsident „Putin fackelt lieber das Gas ab, als dass er es vertragsgemäß nach Europa liefert“, betonte sie. Die Kommissionschefin äußerte sich als Gast der Klausurtagung des geschäftsführenden Vorstands der Unionsfraktion im bayerischen Murnau am Staffelsee.
Christian Lindners Blockadehaltung in der Kritik
Der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, rief Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf, seine „Blockadehaltung“ gegen eine Übergewinnsteuer, wie sie auch deutsche SPD-Politiker fordern, aufzugeben. Zugleich rief er die EU-Kommission auf, ihre Vorschläge gesetzlich verbindlich zu machen. In dem Strategiepapier lässt die Brüsseler Behörde dies offen. Andresen kritisierte, große Energiekonzerne machten „exorbitante Gewinne“, während sich Millionen Menschen fragten, wie sie durch den Winter kommen sollten.
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Markus Pieper (CDU), nannte die Kommissionspläne eine „wirksame Entlastung für private Stromkunden und Wirtschaft“. Die Markteingriffe müssten aber „ein zeitlich begrenztes Notfallinstrument bleiben“, mahnte er.
Mittelfristig will von der Leyen zudem „das Strommarktdesign betrachten“, wie sie in Bayern sagte. Länder wie Frankreich, Spanien oder Griechenland fordern eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis. Dies sei aber „sehr komplex“, warnte die Kommissionschefin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte diese Woche für „strukturelle Veränderungen“ am Energiemarkt plädiert und die Hoffnung auf eine relativ schnelle EU-Reform geäußert.
Milliarden für StrompreisdeckelScholz: Übergewinne sollen abgeschöpft werden
Lange sträubt sich die FDP gegen eine Übergewinnsteuer – nun soll sie doch kommen, aber nicht so heißen. Um die Entlastungen der Bürger zu finanzieren, sollen laut Kanzler Scholz künftig „Zufallsgewinne“ bei Energiefirmen abgeschöpft werden. Wenn nicht auf EU-Ebene, dann per Bundesgesetz.
Die Ampel-Koalition will eine Strompreisbremse für die Bürgerinnen und Bürger durch die Abschöpfung von Gewinnen bei Energiefirmen finanzieren. „Zufallsgewinne“ bei Unternehmen wegen der hohen Energiepreise würden abgeschöpft, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Vorstellung des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung.
Hierbei setze man zunächst auf eine Einigung auf europäischer Ebene, die Koalitionspartner seien aber auch bereit, eine solche sogenannte Übergewinnsteuer alleine auf nationaler Ebene „zügig umzusetzen“, sagte Scholz. Bisher war dieser Vorschlag am Widerstand von Finanzminister Christian Lindner und der FDP gescheitert.
Hintergrund ist, dass die Ampel-Koalition eine Strompreisbremse für den Basisverbrauch einführen will. „Den Privathaushalten kann so eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden (Basisverbrauch). Die Haushalte werden so finanziell spürbar entlastet und gleichzeitig bleibt ein Anreiz zum Energiesparen erhalten“, heißt es in dem Beschlusspapier.
Zweistelliger Milliardenbetrag durch Übergewinne
Erneut betonte Scholz: „You’ll never walk alone, wir werden niemanden alleine lassen.“ Der Kanzler sprach von einer „großen und dramatischen Entlastung“ auf dem Strommarkt. „Die erste Aufgabe ist also, solche Zufallsgewinne zu nutzen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.“
Lindner betonte, dass das dritte Entlastungspaket ohne zusätzliche Neuverschuldung finanziert werden könne. Der Bundeshaushalt 2023 werde wie geplant die Regeln der Schuldenbremse respektieren. Für das laufende Jahr sei kein Nachtragshaushalt notwendig. „Diese Maßnahmen finden statt innerhalb der bisherigen Haushaltsplanungen der Bundesregierung“, sagte er.
In den Bundeshaushalten 2022 und 2023 könnten rund 32 Milliarden Euro für die Entlastungen mobilisiert werden, sagte Lindner. Die Einnahmeentwicklung sowie die „bereits getroffenen Vorsorgen für das Jahr 2023“ ließen dies zu. Hinzu komme dann die geplante Abschöpfung von Gewinnen bei Energiefirmen, die Lindner auf einen zweistelligen Milliardenbetrag bezifferte.
Quelle: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Scholz-Ubergewinne-sollen-abgeschoepft-werden-article23566046.html