JUICE: Die letzte Reise der Ariane 5/Jupiter Icy Moons Explorer/Flyby an der Venus-Phosphin in den Wolken?

Die letzte Reise der Ariane 5

Stand: 21.12.2022 12:00 Uhr

Gut 20 Jahre lang haben Ariane-5-Raketen Satelliten ins All befördert – doch damit ist bald Schluss. Die letzte Raketen-Oberstufe tritt heute ihre Reise von Bremen nach Französisch-Guayana an.

Auf einem Tieflader geht es durchs nächtliche Bremen. Die letzte Oberstufe, die auf einer Ariane-5-Rakete ins All reisen wird, hat das Werksgelände in Bremen verlassen und wartet nun am Hafen auf Ihre Verschiffung nach Kourou in Französisch-Guayana. Von dort aus wird die letzte Ariane 5 starten – und eine Ära zu Ende gehen. Der 117. Start ist für April 2023 geplant und er wird der letzte sein.

Die Ariane 5 wird oft als Europas Zugang ins All bezeichnet. In der Spitze der europäischen Rakete, in der sogenannten Oberstufe, reisen meist Kommunikationssatelliten ins All. Die Oberstufe ist gewissermaßen das Taxi, das diese Satelliten punktgenau dort abliefert, wo sie hin sollen.

Letzter Start nach mehr als 20 Jahren

Die Ariane 5 als Erfolgsgeschichte zu bezeichnen, ist nicht zu hoch gegriffen, selbst wenn die Ära mit einem Fehlstart begann: Die erste Ariane 5 hob am 4. Juli 1996 ab, stellte sich nach 37 Sekunden quer und sprengte sich dann selbst. Ein Softwarefehler war das Problem. 

Auch der zweite Start war noch etwas holprig. Zwar hob die Rakete problemlos ab, allerdings lieferte sie den Satelliten nicht genau dort ab, wo er hin sollte. Beim dritten Anlauf klappte alles wie geplant: Am 21. Oktober 1998 startete eine Ariane 5 mit einer Raumkapsel, deren Tauglichkeit im All erprobt werden sollte.

Zuverlässiger Raumtransporter

Von diesem Zeitpunkt an begann die Ariane 5 sich ihren Ruf als zuverlässiger Raumtransporter zu erarbeiten, selbst wenn 2002 noch ein weiterer Fehlstart folgte. Insgesamt gab es fünf verschiedene Versionen der Ariane 5, alle zwischen 54 und 59 Meter hoch und bis zu 777 Tonnen schwer. Der Antrieb liefert bis zu 180.000 PS.

So ausgestattet hat die Rakete viele Missionen erfolgreich absolviert: Weltraumteleskope wie Herschel oder Planck reisten 2009 mit einer Ariane 5 ins All. 2021 brachte sie das Teleskop James Webb ins All. Dazu kommen unzählige Kommunikationssatelliten, aber auch militärische Überwachungssatelliten.

Sicherlich besonders sind die fünf „Automated Transfer Vehicle“ kurz ATV, die Ariane 5 zur Internationalen Raumstation ISS brachte. Die ATV waren Transportkapseln, die die Astronauten in der ISS mit Lebensmitteln, Wasser, Ausrüstung, Sauerstoff und Treibstoff versorgten. Menschen sind allerdings nie mit einer Ariane 5 geflogen.

Satellit zur Erkundung des Jupitermonds

Der letzte „Passagier“ an der Spitze einer Ariane 5 wird die Raumsonde JUICE sein. Das Reiseziel dieser Sonde ist der Jupitermond Ganymed. Erforscht werden soll, ob dort Leben möglich wäre. Die Lebenszeit der Ariane 5 hingegen wird mit dem 117. Start endgültig zu Ende sein.

Wie bei jedem ihrer Vorgänger werden die Booster rund zwei Minuten nach dem Start ausgebrannt sein und dann abgesprengt. Sie und die Hauptstufe fallen nach getaner Arbeit zurück zur Erde – genauer gesagt ins Meer. Auf die Oberstufe wartet die Ewigkeit: Wenn sie die Sonde im Orbit abgeliefert hat, wird sie sich selbst mit einem kleinen Schubs ins Grab befördern, nämlich in den sogenannten Friedhofsorbit. Dort wird die Bremer Oberstufe weiter kreisen – ohne Funktion aber vor allem, ohne Satelliten in der Umlaufbahn in die Quere zu kommen.

Ariane 6 ab Herbst 2023

Auf fünf folgt sechs – bereits seit 2015 entwickelt das europäische Gemeinschaftsunternehmen Ariane Group die Ariane 6 Rakete. Die Startkosten sollen sich bei diesem Modell etwa halbieren. Denn längst bauen nicht nur Länder wie Russland, die USA, China oder Indien Raketen. Auch private Unternehmen, wie etwa Elon Musks Unternehmen Space X, drängen auf den Markt. Mit der Falcon 9 Rakete ist es dem Unternehmen erstmals gelungen, die Hauptstufe einer Rakete wieder auf die Erde zu bringen, sie also wiederverwenden zu können.

Die Konkurrenz ist also großer geworden, und damit auch die Anforderungen an die Nachfolgerin der Ariane 5. Wenn alles nach Plan läuft, soll Ariane 6 erstmals im Herbst 2023 abheben.

Quelle: https://www.tagesschau.de/wissen/technologie/ariane-start-101.html


Jupiter Icy Moons Explorer der ESA

In Kürze

Medien sind eingeladen, den Jupiter Icy Moons Explorer Juice der ESA am 20. Januar 2023 bei Airbus in Toulouse, Frankreich, zu besuchen, bevor er zum europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana transportiert wird, um im April mit einer Ariane 5 gestartet zu werden. Medien sind ebenfalls eingeladen, ihr Interesse zu bekunden Medienaktivitäten vor dem Start und am Tag des Starts im Weltraumbahnhof.

Eingehend

Bei der Veranstaltung im Januar bei Airbus Toulouse wird eine am Raumschiff angebrachte Gedenktafel zu Ehren des italienischen Astronomen Galileo Galilei enthüllt, der 1609 als erster Jupiter und seine größten Monde durch ein Teleskop betrachtete.

Über 400 Jahre später setzt sich der immerwährende Wunsch der Menschheit fort, nach oben zu schauen und Welten jenseits unseres eigenen Lebens zu erforschen. Europa und seine internationalen Partner entsenden Juice, um diesen faszinierenden Planeten und die Monde zu erkunden, von denen wir glauben, dass unter ihren Oberflächen riesige Wassermengen begraben sind, die weitaus größer sind als in den Ozeanen der Erde. Diese planetengroßen Monde bieten uns verlockende Hinweise darauf, dass andere Lebensbedingungen als hier auf unserem blassblauen Punkt existieren könnten, und sind daher einige der überzeugendsten Ziele in unserem Sonnensystem.

Saft auf den Punkt gebracht
Saft auf den Punkt gebracht

Juice wurde 2012 als erste „Large-Class“-Mission im ESA-Programm „Cosmic Vision 2015-2025“ ausgewählt. Mit seinem leistungsstarken Instrumentenpaket wird Juice die bisher detaillierteste Analyse von Jupiter und seinen Wasserwelten als Archetyp für Gasriesen im gesamten Universum liefern. Seine Ergebnisse werden uns nicht nur dabei helfen, tiefer in die Familiengeschichte unseres eigenen Sonnensystems einzutauchen, sondern auch die Ergebnisse der ESA-Flotte von Exoplanetenmissionen zur Analyse jupiterähnlicher Systeme in einen Kontext stellen.

In den letzten Jahren fand eine umfangreiche Testkampagne statt, um die Raumsonde Juice auf ihre achtjährige Reise und den Betrieb in der rauen Strahlungs- und Temperaturumgebung des mehr als 600 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Jupiter vorzubereiten. 

Die Testkampagne wird bald abgeschlossen sein, und die letzten Vorbereitungen werden zum europäischen Startplatz in Französisch-Guayana für den Start mit einer Ariane 5 verlegt.

Quelle: https://www.esa.int/Science_Exploration/Space_Science/Juice/Opportunities_for_media_ESA_s_Jupiter_Icy_Moons_Explorer


Kein Phosphin in Venus-Wolken

Auf der Erde erzeugen Bakterien das seltene Spurengas. Neu ausgewertete Messdaten liefern keine Hinweise, dass es auf unserem unwirtlichen Nachbarplaneten vorkommt.

16. JULI 2021

Bereits vor einem Jahr veröffentlichte Messdaten des James Clerk Maxwell Teleskops auf Hawaii und des ALMA-Radioteleskops in Chile enthalten keine Hinweise auf das Spurengas Phosphin in der Wolkendecke der Venus. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam, zu dem ein Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen zählt, das die Messdaten jetzt sorgfältig geprüft hat. Ihre Analyse ist ein Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion um den Fund von Phosphin in der Venus-Atmosphäre, von dem Forscherinnen und Forscher 2020 berichtet hatten. Das giftige Spurengas Phosphin ist auf der Erde als Stoffwechselprodukt von Bakterien bekannt und könnte auf biologische Prozesse in der Venus-Atmosphäre hindeuten. Die neue Auswertung der Daten sowie eine Stellungnahme der britischen Kolleginnen und Kollegen erscheint heute in der Fachzeitschrift Nature Astronomy.

Eine dichte Wolkendecke umgibt die Venus in einer Höhe von etwa 50 bis 70 Kilometern.
Eine dichte Wolkendecke umgibt die Venus in einer Höhe von etwa 50 bis 70 Kilometern.ESA/MPS/DLR/IDA

Die Venus ist kein angenehmer Ort: Ein extremer Treibhauseffekt sorgt auf ihrer Oberfläche für durchschnittliche Temperaturen von etwa 460 Grad Celsius. Selbst wenn unser Nachbarplanet in seiner kühleren Vergangenheit Lebensformen auf der Oberfläche beherbergt hat, dürfte es wasserbasiertes Leben dort heute schwer haben. Die dichte Wolkendecke, die den Planeten in einer Höhe von 50 bis 70 Kilometern umgibt, kommt schon eher als Lebensraum in Frage. Dort herrschen erträglichere Temperaturen zwischen etwa -20 und 65 Grad Celsius. Allerdings sind die Wolken Schauplatz heftig tobender Winde und enthalten große Mengen ätzender Schwefelsäure. Stark spezialisierte Bakterien könnten sich dennoch diesen extremen Bedingungen angepasst haben und dort überdauern, spekulieren Forscherinnen und Forscher seit Langem.

Beflügelt wurden solche Überlegungen im vergangenen Jahr durch eine Veröffentlichung einer Forschergruppe um Jane Greaves von der Cardiff University, die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature Astronomy erneut für Diskussionen sorgt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten damals Messdaten der Radioteleskope JCMT (James Clerk Maxwell Teleskope) und ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) ausgewertet und berichteten vom Fund winziger Mengen des Gases Phosphin, einer Verbindung aus einem Phosphor- und drei Wasserstoffatomen, die auch als Monophosphan bezeichnet wird. Greaves und ihre Koautorinnen und Koautoren schlossen nicht-biologische Ursprünge des Gases wie etwa Blitze oder Meteoriten aus; stattdessen kämen wie auf der Erde Bakterien als Quelle in Frage.

Die Originalstudie hat eine breite wissenschaftliche Diskussion angestoßen. So argumentierten Forscher von der Cornell University in den USA vor Kurzem, Phosphin könne auf vulkanische Aktivitäten auf der Venus zurückzuführen sein. Allerdings ist es mehreren Forschergruppen bisher nicht gelungen, den Phosphin-Fund zu bestätigen – weder durch unabhängige Messungen etwa durch die ESA-Raumsonde Venus Express, noch durch erneute Analyse der Originaldaten. Die Forscherinnen und Forscher um Jane Greaves haben ihren zunächst gefundenen Wert von 20 Teilen Phosphin pro Milliarden in der Zwischenzeit nach unten korrigiert, halten am Fund des Gases aber fest.

Nun hat eine weitere Gruppe von Expertinnen und Experten für planetare Atmosphären um Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center der NASA die Originaldaten noch einmal geprüft. Hinweise auf Phosphin finden sie nicht. Ihre Analyse ergibt, dass das seltene Spurgengas mit Schwefeldioxid verwechselt worden sein könnte, das in der Atmosphäre der Venus in großen Mengen vorkommt.

„Winzige Mengen von Spurengasen in den Atmosphären weit entfernter Planeten zweifelsfrei aufzuspüren, ist ausgesprochen kompliziert“, sagt Paul Hartogh vom MPS, einer der Koautoren der aktuellen Neu-Auswertung. Informationen zur Zusammensetzung einer Planetenatmosphäre findet sich verschlüsselt in der elektromagnetischen Strahlung, die von dort emittiert wird. Jede Molekülsorte, die vertreten ist, strahlt Radiowellen einer charakteristischen Wellenlänge ab. Teleskope wie JCMT und ALMA zerlegen die Gesamtstrahlung in ihre einzelnen Wellenlängen, ähnlich wie ein Prisma sichtbares Licht in einzelne Farben aufspaltet. Die charakteristischen Signale der Moleküle werden so sichtbar. 

Allerdings liegen die Wellenlängen mancher Molekülsorten sehr eng beieinander. Dies ist bei Phosphin und Schwefeldioxid der Fall. Zudem spielt der Atmosphärendruck eine Rolle. Je tiefer in der Atmosphäre sich die Moleküle finden, desto höher ist der Druck und desto öfter stoßen die Moleküle mit anderen zusammen. Dies sorgt dafür, dass sie neben Strahlung ihrer charakteristischen Wellenlängen auch solche mit eng benachbarten Wellenlängen emittieren. Moleküle mit sehr ähnlichen Signalen zu unterscheiden, wird so erschwert.

Auch die Eigenheiten des jeweiligen Teleskops müssen berücksichtigt werden. „Zwischen dem unverfälschten Signal aus der Venus-Atmosphäre und uns steht immer das Instrument“, so Hartogh. So enthalten die Messdaten aller Teleskope ein gewisses Grundrauschen: Das Teleskop zeigt statistisch fluktuierende, geringe Intensitäten von Strahlung jeder Wellenlänge an. Die sehr schwachen Signale seltener Spurengase können in diesem Grundrauschen nahezu oder komplett versinken. Zudem können systematische Fehlerquellen im Instrument selbst die Messdaten verzerren.

„Für die Radioastronomie ist Venus ein sehr helles und somit schwieriges Objekt“, erklärt Hartogh. Die Messdaten von unserem Nachbarplaneten enthalten deshalb deutlich stärkere Störungen als im Idealfall. „Umso wichtiger ist es, Datenanalysemethoden, die sehr schwache Signale herausfiltern sollen, mit äußerster Vorsicht anzuwenden“, fügt er hinzu.

Dass sich winzigste Mengen von Phosphin-Molekülen in den Venuswolken tummeln, können die Forscherinnen und Forscher nicht ausschließen. Die Konzentrationen wären aber so gering, dass sie sich mit JCMT und ALMA nicht aufspüren lassen.

Abhilfe könnte die ESA-Mission JUICE (Jupiter Icy Moon Explorer) schaffen, die im September nächsten Jahres ins All starten und auf ihrem Weg ins Jupitersystem der Venus einen Besuch abstatten soll.

Wie Modellrechnungen zeigen, wird das JUICE-Instrument SWI (Submillimeter Wave Instrument), das unter Leitung des MPS entwickelt und gebaut wurde, in der Lage sein, tausendfach geringere Phosphin-Konzentrationen zu detektieren. Die Forscherinnen und Forscher werden mit Sicherheit genau hinschauen.

Quelle: https://www.mps.mpg.de/kein-phosphin-in-venus-wolken