Deutsche Leopard-2- und britische Challenger-Panzer in der Ukraine eingetroffen


28.03.2023, 02:49

Deutschland und Großbritannien haben erstmals seit Beginn des Krieges schwere Kampfpanzer an die Ukraine geliefert. 18 deutsche Leopard-2-Panzer und britische Challenger-Panzer trafen inzwischen in der Ukraine ein, wie von der Bundesregierung und der Regierung in Kiew am Montagabend bestätigt wurde. Kiew hatte seit langem die Lieferung moderner westlicher Kampfpanzer erbeten, Ende Januar wurde dem entsprochen. Die Panzer könnten bei einer ukrainischen Frühjahrsoffensive zum Einsatz kommen.

„Unsere Panzer sind wie versprochen pünktlich in den Händen unserer ukrainischen Freunde angekommen. Ich bin mir sicher, dass sie an der Front Entscheidendes leisten können“, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Abend. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung der Leopard-Panzer bei den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam bestätigt.

Der Transport der Panzer habe vergangene Woche begonnen, nun seien sie an der Grenze den ukrainischen Streitkräften übergeben worden, berichtete der „Spiegel“ am Montag. Der genaue Transportweg werde aus Sicherheitsgründen geheimgehalten.

Die Bundesregierung hatte der Ukraine Ende Januar die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus Bundeswehrbeständen bis Ende März zugesagt und dabei erwirkt, dass auch die USA Panzerlieferungen ankündigten. Die insgesamt 18 Panzer des Typs 2 A6 sollen gemeinsam mit modernen Leopard-Panzern aus Schweden und Portugal die in der Ukraine übliche Bataillonsstärke von 31 Panzern erreichen.

In den vergangenen beiden Monaten wurden auf dem Truppenübungsplatz Munster in Niedersachsen die Besatzungen aus der Ukraine am Leopard-Panzer ausgebildet. Auch Munition und Ersatzteile sowie zwei Bergepanzer vom Typ Büffel trafen laut Verteidigungsministerium inzwischen in der Ukraine ein. Rund 40 Schützenpanzer vom Typ Marder seien bereits im Land.

Die Lieferung westlicher schwerer Panzer an die Ukraine für den Kampf gegen die russischen Streitkräfte wurde monatelang bei den Verbündeten diskutiert; Bundeskanzler Scholz hatte darauf gepocht, dass Deutschland einen solchen Schritt nicht im Alleingang vollziehen werde.

Knapp zwei Wochen vor der Bundesregierung hatte die Regierung in London der Ukraine die Lieferung von schweren Kampfpanzern zugesagt; angekündigt wurden 14 Panzer vom Typ Challenger 2. 

Auch Polen stellte zu dieser Zeit die Lieferung von Leopard-Panzern eines älteren Modells aus deutscher Produktion in Aussicht. Gemeinsam mit anderen Staaten stellt Polen seinerseits einen Gefechtsverband zusammen und hat ebenfalls bereits erste Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert.

Die Challenger-Panzer aus Großbritannien „sind bereits in der Ukraine“, sagte eine Sprecherin des ukrainischen Verteidigungsministeriums am Montagabend. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow teilte mit, er habe „Neuzugänge“ für die ukrainischen Streitkräfte inspiziert – Challenger-Panzer sowie deutsche Marder-Schützenpanzer, gepanzerte Lkw vom Typ Cougar und gepanzerte Transporter vom Typ Stryker aus den USA. 

„Vor einem Jahr hätte niemand mit einer so starken Unterstützung unserer Partner gerechnet“, erklärte Resnikow im Onlinedienst Facebook. Die britischen Challenger bezeichnete er als „militärische Kunstwerke“.

In London verkündete die britische Regierung, die ukrainischen Soldaten, die an den Challenger-2-Panzern ausgebildet worden seien, könnten nun an der Front eingesetzt werden. „Ukrainische Panzerbesatzungen haben ihre Ausbildung (…) in Großbritannien abgeschlossen und sind nach Hause zurückgekehrt, um ihren Kampf gegen die (…) Invasion Russlands fortzusetzen“, hieß es in einer Erklärung des britischen Verteidigungsministeriums.

Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace bekräftigte, Großbritannien werde „ihnen weiterhin zur Seite stehen und alles in unserer Macht Stehende tun, um die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen“.

Quelle: https://www.stern.de/news/deutsche-leopard-2–und-britische-challenger-panzer-in-der-ukraine-eingetroffen-33323084.html


„Leopard 2“-Kampfpanzer an Ukraine geliefert

Stand: 27.03.2023 21:01 Uhr

Die ukrainischen Streitkräfte haben aus Deutschland 18 moderne Kampfpanzer „Leopard 2“ für die Abwehr des russischen Angriffs auf ihr Land erhalten. Kanzler Scholz bestätigte einen vorangegangenen Medienbericht zur Lieferung der deutschen Kampfsysteme.

Mit modernen Kampfpanzern vom Typ „Leopard 2A6“ will die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Militärhilfe für die Ukraine. Nun sind aus Deutschland 18 „Leopard 2A6“ in der Ukraine angekommen, die dem Land zur Abwehr des russischen Angriffs dienen sollen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte bestätigte.

„Wir haben geliefert wie angekündigt“, sagte Scholz. Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ über die Ankunft der Panzer berichtet.

Pistorius: „Panzer können an der Front Entscheidendes leisten“

Laut Verteidigungsministerium sind die 18 „Leopard 2“-Kampfpanzer inklusive Munitions- und Ersatzteilpaketen sowie zwei Bergepanzer „Büffel“ mit ihren in Deutschland ausgebildeten Besatzungen in der Ukraine angekommen. „Zusammen mit den 40 ‚Mardern‘, die bereits in der Ukraine sind, erfüllt Deutschland das gegebene Versprechen der Ausrüstung und Ausbildung gepanzerter Verbände für die Ukraine“, wie das Verteidigungsministerium in einer Mitteilung schreibt.

Kiew hatte seit langem die Lieferung moderner westlicher Kampfpanzer erbeten, Ende Januar wurde dem entsprochen. Die Panzer könnten bei einer ukrainischen Frühjahrsoffensive zum Einsatz kommen. „Unsere Panzer sind wie versprochen pünktlich in den Händen unserer ukrainischen Freunde angekommen. Ich bin mir sicher, dass sie an der Front Entscheidendes leisten können“, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Abend.

Innenpolitisches Ringen um Panzerlieferungen

Mitte März hatten die Besatzungen der Panzer ihre Ausbildung auf dem „Leopard“ mit einem Gefechtsschießen abgeschlossen. Über den Transport der Panzer hatten Regierungsstellen wie bei anderen Waffensystemen aus Gründen der Geheimhaltung und Sicherheit nichts öffentlich mitgeteilt.

Die Bundesregierung hatte am 25. Januar nach längerem innenpolitischen Ringen das Ziel ausgegeben, „rasch zwei Panzer-Bataillone mit ‚Leopard 2‘-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“. Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Panzern ausgestattet.

Experten sprechen von überlegenem Waffensystem

Beteiligt an der Initiative zur Unterstützung der Ukraine sind vor allem Polen sowie Norwegen, Kanada und Spanien. Polen hat der Ukraine im Februar die ersten vier westlichen Kampfpanzer des älteren Typs „Leopard 2A4“ geliefert. Deutschland stellt der Ukraine die 18 „Leopard 2A6“, Portugal weitere drei der Waffensysteme.

Experten gehen fest davon aus, dass der „Leopard 2“ im Gefecht gegen russische Panzertruppen deutlich überlegen ist. Ein Grund ist, dass er eine stabilisierte Waffenanlage hat und damit auch aus laufender Fahrt heraus schießen kann, der von den russischen Streitkräften vielfach eingesetzte „T-72“ für den Schuss aber stehen muss.

Kiew bestätigt Eingang deutscher „Marder“

Das ukrainische Verteidigungsministerium bestätigte unterdessen die Ankunft westlicher Panzertechnik im eigenen Land. Verteidigungsminister Olexij Resnikow berichtete, er habe mit dem Chef der ukrainischen Luftlandetruppen, Generalmajor Maxim Myrhorodskyj, und den ukrainischen Fallschirmjägern die Neuzugänge in die bewaffneten Einheiten getestet: „Den ‚Challenger‘ aus Großbritannien, ‚Stryker‘ und ‚Cougar‘ aus den USA und den ‚Marder‘ aus Deutschland“, so Resnikow auf der Facebookseite seiner Behörde.

Die neue Technik werde den vorausgegangenen westlichen Waffenlieferungen „gute Gesellschaft auf dem Schlachtfeld leisten“, zeigte er sich überzeugt. Resnikow bedankte sich zudem für die westliche Waffenhilfe. Die Lieferung von 40 „Mardern“ hatte die Bundesregierung der Ukraine zu Jahresbeginn zugesagt noch vor dem Versprechen über schwere Kampfpanzer.

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/scholz-kampfpanzer-leopard-ukraine-101.html

Jugendschutz: KI-Razzia gegen Twitter-Nutzer -„Wenn die KI kommt machen Regelverstöße im Internet keinen Spaß mehr“

Mit einem KI-Tool suchen Medienanstalten nach jugendgefährdenden Inhalten. Derzeit erhalten Betreiber ungeschützter Accounts Briefe von der Polizei.

Anbieter wie Twitter geraten ins Visier von Jugendschützern.
Anbieter wie Twitter geraten ins Visier von Jugendschützern.

Medienaufsicht und Ermittlungsbehörden gegen derzeit verstärkt gegen Anbieter pornografischer Inhalte vor. Betroffen seien unter anderem Accounts von Portalen wie Twitter, die über keine angemessene Altersverifikation verfügen, berichtete Wired.com unter Berufung auf mehrere betroffene Anbieter.

In den vergangenen Wochen hätten mehr als 100 Pornodarsteller und Models in Deutschland gleichlautende Schreiben erhalten und müssten mit Strafverfahren rechnen. Zudem hätten die Behörden Twitter angewiesen, entsprechende Konten zu sperren.

In den vergangenen Jahren haben Jugendschützer verstärkt versucht, den freien Zugang zu pornografischen Inhalten im Netz zu erschweren. Dies betraf unter anderem Pornografieportale wie Xhamster, Pornhub, Youporn und Mydirtyhobby. Laut Jugendmedienstaatsvertrag (PDF) sind pornografische Angebote zulässig, „wenn vonseiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe)“.

Dem Wired-Bericht zufolge stammten viele der jüngsten Anzeigen von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Eine Sprecherin bestätigte, dass im Dezember 2022 32 Accounts und im März 2023 104 Accounts der Staatsanwalt gemeldet worden seien. Die Sprecherin schätzte, dass die meisten Fälle mit einer Geldstrafe von 300 Euro erledigt würden und keine weiteren Maßnahmen folgten. Rein rechtlich sei auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr möglich.

Einige der Betroffenen sollen dem Bericht zufolge von Twitter aufgefordert worden sein, die Inhalte zu entfernen, da die Accounts gegen deutsches Recht verstießen. Andere hätten Briefe von der Polizei erhalten, hieß es unter Berufung auf das schwule Paar Tim und Julian Blesh. Das Paar geht davon aus, vermutlich eine Geldstrafe zu erhalten.

Bei Twitter sind bestimmte Inhalte nur für Erwachsene zugänglich. Allerdings verfügt der Dienst über kein Verfahren, um das Alter der Nutzer zu überprüfen. Es reicht aus, im eigenen Profil ein entsprechendes Alter anzugeben.

Automatisierte Suche mit Kivi

Um die Inhalte im Netz aufzuspüren, haben die Behörden das KI-basierte Tool Kivi entwickeltNach Angaben der sächsischen Landesmedienanstalt durchsucht das Programm unter anderem das russische Netzwerk VKontakte (vk.com), Twitter, Telegram, TikTok, Youtube, BitChute und Gettr. Seit dem Start des Programms soll sich die Zahl der monatlichen Anzeigen durch die Behörden verdoppelt haben.

Tobias Schmid, Direktor der Medienanstalt NRW, sagte zum Einsatz des Programms„In erster Linie suchen wir natürlich nach besonders schweren Delikten, das heißt, nach Verstößen gegen die Menschenwürde, Rassenhass und ähnliches; darüber hinaus nach Jugendgefährdung und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten. Das Identifizieren von Delikten erfolgt entlang dieser Gruppierungen. Pornografie ist einfach zu erkennen und hat eine sehr hohe Trefferquote.“

Quelle: https://www.golem.de/news/jugendschutz-behoerden-gehen-verstaerkt-gegen-twitter-pornografie-vor-2303-172989.html


Sie haben Pornos auf Twitter gepostet. Deutsche Behörden haben die Polizei gerufen

Aufsichtsbehörden verwenden ein KI-System, um Websites und Messaging-Apps zu scannen, um Pornografie zu finden. Urhebern drohen Bußgelder und mögliche Gefängnisstrafen.

Aufsichtsbehörden verwenden ein KI-System, um Websites und Messaging-Apps zu scannen, um Pornografie zu finden. Urhebern drohen Bußgelder und mögliche Gefängnisstrafen.

Tim und Julian Blesh erwarteten, als sie Anfang März von der Reise nach Hause kamen, einen Brief der Polizei. Der unter dem Impressum der Polizei Berlin abgedruckte Brief skizzierte die strafrechtlichen Vorwürfe: Sie hätten unrechtmäßig Pornos im Internet geteilt. Der einseitige Brief ist deutlich vage. Es wird nicht gesagt, wo im Internet sie des illegalen Teilens von Pornografie beschuldigt wurden, noch gegen welches spezifische Gesetz sie verstoßen haben.

Das Paar, das seit sechs Jahren neben seiner täglichen Arbeit ein Amateurpornoprojekt betreibt, rief die Polizei an, um herauszufinden, was los war. Ein Ermittler habe dem Paar mitgeteilt, dass die Polizei Pornos auf ihrem Twitter-Account gefunden habe, sagt Tim. Die Polizei verfügte über Screenshots des Materials und hatte vor allem einen Mangel an Maßnahmen festgestellt, um zu verhindern, dass Kinder möglicherweise die nicht jugendfreien Inhalte sehen. Infolgedessen könnte dem Ehepaar eine Geldstrafe in Höhe von Tausenden von Euro drohen.

Das Blesh-Paar ist nicht allein. In den vergangenen Wochen haben mehr als hundert Pornoschaffende und -models in Deutschland identische Schreiben erhalten und müssen mit einem Strafverfahren rechnen. Die Briefe und die Polizeiaktion signalisieren eine Eskalation des deutschen Vorgehens gegen Pornos und kommen daher, dass die Behörden ein System der künstlichen Intelligenz einsetzen, um Pornografie aufzuspüren. Aufsichtsbehörden haben ein KI-System namens KIVI entwickelt, um Pornografie und anstößige Inhalte auf Twitter, TikTok, YouTube, Telegram und mehr zu erkennen und täglich Tausende von öffentlichen Posts und Webseiten zu scannen.  

Pornografie ist in Deutschland nicht illegal, aber in den letzten Jahren sind die Medienbehörden des Landes gegen Pornografie vorgegangen, die nicht durch Altersverifikationstechnologien geschützt ist, die verlangen, dass Menschen nachweisen, dass sie über 18 Jahre alt sind, bevor sie Fotos oder Videos für Erwachsene sehen können. Beamte haben  Twitter zur Sperrung von Accounts befohlen und versucht,  eine der weltweit größten Pornoseiten  für die gesamte deutsche Bevölkerung zu sperren .

WIRED sprach mit drei verschiedenen Berlinern, die Polizeibriefe über ihr gepostetes Material erhalten hatten. Sie sagen, die Taktik habe sie dazu gebracht, keine Inhalte zu teilen. Sie haben Tausende von Tweets gelöscht und sagen, dass sie sich zensiert fühlen. „Manchmal schäme ich mich“, sagt eine Person, die darum bat, nicht genannt zu werden, um ihrem laufenden Verfahren keinen Schaden zuzufügen. „Das hat einen psychologischen Einfluss auf mich“, sagen sie und fügen hinzu: „Ich wollte nur meine Sexualität ausdrücken.“Zensiert und verängstigt

In Deutschland ist die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) für den  Schutz von Kindern im Internet zuständig . Dem Gremium unterstehen  14 Landesmedienanstalten , die für einzelne Regionen zuständig sind. Die Gesetze des Landes besagen, dass es  illegal ist, Personen unter 18 Jahren Pornografie zugänglich zu machen .

Zensiert und verängstigt

„In Deutschland ist die Verbreitung von Pornografie im Internet nur in geschlossenen Nutzergruppen mit vorheriger Altersüberprüfung erlaubt“, sagt ein Sprecher der Landesanstalt für Medien NRW. Die Agentur steht bei der Bekämpfung von Online-Pornografie an vorderster Front, und Kritiker sagen, dass sie von  konservativen  Ansichten geleitet wird . „Da dies bei Twitter nicht der Fall ist, ist die Verbreitung von Pornografie über Twitter in der jetzigen Form in Deutschland nicht erlaubt“, so der Sprecher.

Viele der jüngsten Polizeimeldungen beziehen sich auf das Teilen von Pornos auf Twitter und stammen von der Berliner Landesmedienanstalt. Tim Blesh sagt, er kenne etwa 10 schwule YouTuber, die kürzlich ins Visier genommen wurden – einige haben Benachrichtigungen von Twitter erhalten, dass ihre Konten gegen deutsche Gesetze verstoßen und Inhalte entfernt werden sollten, während andere die Briefe von der Polizei erhalten haben. Nach Erhalt des Briefes und einem Anruf bei der Polizei, um weitere Informationen zu erhalten, sagt Blesh, das Paar habe einen Anwalt kontaktiert und warte nun darauf, dass die Polizei offiziell Beweise für ein mögliches Fehlverhalten vorlege. Blesh glaubt, dass sie wahrscheinlich eine Geldstrafe erhalten werden, aber es ist auch möglich, dass einer der Fälle vor Gericht endet. 

Anneke Plass, Kommunikationsdirektorin und Sprecherin der Landesanstalt für Medien Berlin und Brandenburg, sagt, dass der Staatsanwaltschaft im Dezember 32 Konten mit dem Teilen von Pornografie gemeldet wurden, und im März übergab die Behörde 104 Fälle an die Staatsanwaltschaft. Laut Plass sind „Anbieter“ von Inhalten für Erwachsene dafür verantwortlich, dass Kinder und Jugendliche nicht auf die Inhalte zugreifen können. „Erfüllen Anbieter diese Anforderungen nicht“, so Plass, „werden sie per Gesetz mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet.“ Plass schätzt, dass die meisten Fälle zu einer Geldstrafe von 300 € (322 $) und keinen weiteren Maßnahmen führen. (Die Berliner Polizei hat noch nicht auf die Bitte von WIRED um Stellungnahme reagiert.)

Blesh sagt, dass die Idee der Altersüberprüfung „sinnvoll ist und für alle verfügbar sein sollte“. Bei Twitter ist dies jedoch nicht möglich, da dort keine Tools zur Altersüberprüfung oder Altersüberprüfung verfügbar sind. Das Social-Media-Unternehmen, das kein Kommunikationsteam mehr hat, antwortete nicht auf die Anfrage von WIRED nach einem Kommentar. Elon Musk hat die Pressekontakt-E-Mail der Plattform so eingestellt, dass sie Anfragen automatisch mit einem Poop-Emoji beantwortet. „Warum sollte ich als Erwachsener nicht entscheiden dürfen, was ich im Internet sehen möchte, nur weil Twitter kein Altersverifizierungssystem implementieren kann“, sagt Tim Blesh. 

„Ich habe mich auf Twitter ziemlich sicher gefühlt“, sagt der erwachsene YouTuber, der darum bat, nicht genannt zu werden. Sie sagten, als sie im Februar den Brief von der Polizei erhielten, waren sie nicht davon überzeugt, dass er echt war, da er keine konkreten Straftaten enthielt. Als sie später einige Formulierungen des Briefes googelten, enthüllte dies das Gesetz, das sie möglicherweise gebrochen hatten. Daraufhin kontaktierten sie einen Anwalt. 

Die Person, die als Hobby Inhalte für Erwachsene online stellt und nicht davon lebt, sagt, sie habe beschlossen, alle ihre Tweets und Retweets zu löschen und ihr Profil aufgrund des Polizeischreibens privat zu machen. Sie konnten ihre „Gefällt mir“-Angaben auf Twitter nicht löschen und befürchten, dass ein Richter diese negativ bewerten könnte, wenn ihr Fall vor Gericht verhandelt würde. Sie haben auch das Posten auf OnlyFans angehalten. „Jetzt habe ich das Gefühl, alles könnte beobachtet werden“, sagen sie. Sie warten auch darauf, dass die Polizei in Berlin weitere Informationen und einen Fortschrittsbericht zu ihrem Fall bereitstellt.

Es sind nicht nur diejenigen, die an der Produktion von Pornografie beteiligt sind, die ins Visier genommen wurden. Madita Oeming ist eine Pornoforscherin  und Wissenschaftlerin , die ihren Twitter-Account nutzte, um Menschen über die Erotikbranche und Sex aufzuklären – nicht um explizite Bilder zu posten. Sie erhielt im Februar 2022 zwei Briefe von Behörden. Im Gegensatz zu den jüngsten Briefen von Darstellern war Oemings spezifischer: Er listete problematische Tweets auf. „Sie hatten vielleicht 20 Beispiele in diesem Brief, sagten aber, dass es noch viel mehr gibt und alle gelöscht werden müssen“, sagt Oeming. 

Nach Gesprächen mit einem Anwalt und einigem Hin und Her mit den Behörden begann Oeming damit, Tweets zu löschen. Innerhalb von zwei Wochen löschte sie rund 2.000 Tweets. „Ich konnte mich nicht dazu durchringen, mein Konto einfach zu löschen“, sagt Oeming. Im zweiten Schreiben hieß es, Oeming müsse einen „Jugendschutzbeauftragten“ einstellen, um ihre Inhalte zu beaufsichtigen. „Sie haben mich im Grunde als potenziell jugendgefährdend eingestuft, also brauche ich jemanden, der beobachtet, was ich tue“, sagt Oeming und fügt hinzu, dass die Aufsicht etwa 100 Euro pro Monat kostet. „Seitdem benutze ich Twitter nicht mehr so ​​wie früher. Es war ein sehr starkes Gefühl, zensiert zu werden.

Paulita Paupel, die den europäischen Zweig der Free Speech Coalition leitet, sagt, dass die Razzien besorgniserregende Auswirkungen auf die Menschen und ihre Fähigkeit haben, Inhalte online zu teilen. „Menschen fliehen aus dem Land“, sagt Paupel. „Die meisten großen Ersteller von Inhalten haben ihren Wohnsitz bereits in andere europäische Länder verlegt, hauptsächlich nach Österreich, in die Schweiz und nach Zypern.“ Andere haben ihre Marketingstrategien geändert, um Twitter zu vermeiden (was sich darauf auswirkt, wie viel Geld sie verdienen können), und Menschen, die neu in der Branche sind, könnten davon abgehalten werden, eine Karriere zu beginnen, sagt Paupel. „Dies betrifft vor allem LGBTQI+- und BIPOC-Ersteller.“

Das Internet ist natürlich voll von Pornos – von Reddit, Snapchat und Twitter bis OnlyFans, PornHub und xVideos – mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, die in der Branche tätig sind. Weltweit ist es ein großes Geschäft, das jedes Jahr Milliarden von Dollar erwirtschaftet. Während überall auf der Welt hart gegen Pornografie vorgegangen wird, scheint Deutschland in der westlichen Welt eine besonders starke Marke der Durchsetzung zu haben, obwohl es  einer der größten Konsumenten von Pornografie ist .

„Deutschland war am aggressivsten bei der Unterdrückung von Reden“, sagt Mike Stabile, ein Sprecher der in den USA ansässigen Free Speech Coalition. „Ich denke, dass Deutschland in seiner Verfolgung am aggressivsten war, sowohl in Bezug auf den Geltungsbereich seiner Gesetze als auch in Bezug auf die Durchsetzung.“ 

KI-Überwachung

Seit 2019 entwickeln und nutzen die deutschen Medienaufsichtsbehörden ein KI-System, um Online-Inhalte zu erkennen, die möglicherweise gegen die Gesetze des Landes verstoßen. Das künstliche Intelligenzsystem namens KIVI wurde von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit einem  Berliner Privatunternehmen entwickelt und wird mittlerweile von allen Landesmedienanstalten deutschlandweit eingesetzt. 

KIVI soll in der Lage sein, öffentliche Posts in sieben sozialen Medien und Messaging-Apps – darunter Twitter, YouTube, TikTok, Telegram und VK (Russlands Version von Facebook) – sowie Websites im offenen Internet zu scannen. Metas Facebook und Instagram, die Nacktheit verbieten, werden derzeit nicht gescannt. Laut Nordrhein-Westfalens  Beschreibung des Tools kann es 10.000 Seiten pro Tag prüfen. Kurz nachdem die Behörde mit der Verwendung von KIVI begonnen hatte, hieß es, die Erkennungen der Behörde seien „in die Höhe geschossen“.

Der Sprecher der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen sagt, dass die Behörde seit 2021 fast 5.000 „Verstöße“ festgestellt habe. Das System sucht nach problematischen Inhalten, indem es nach vorgegebenen deutschen Schlüsselwörtern und Links sucht, und verwendet nach Angaben der Behörde eine Kombination aus Bilderkennung und Texterkennung, um „positive“ Ergebnisse zu erkennen.

Ella Jakubowska, leitende Politikberaterin bei der gemeinnützigen Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi), sagt, dass die Menschenrechte der Menschen gefährdet sind, wenn Big-Tech-Unternehmen oder Regierungen die Moderation von Inhalten übernehmen. „Aber die Idee, dass staatliche Stellen kontrollieren, was wir online sehen und was nicht, scheint an sich schon sehr besorgniserregend“, sagt Jakubowska. 

KIVI sucht nach mehreren Arten von Inhalten, darunter politischer Extremismus und Holocaustleugnung, Gewalt und Pornografie. Ganz oben auf der Liste stehen jedoch Porno-„Verstöße“, mit 1.944 gemeldeten Vorfällen in den vergangenen zwei Jahren, so die Zahlen der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen. Der Sprecher sagt, das System kennzeichne mögliche Gesetzesverstöße, und menschliche Ermittler prüfen dann die Ergebnisse und entscheiden, ob Maßnahmen ergriffen werden sollten. „KIVI schützt Mitarbeiter davor, plötzlich und unerwartet belastenden Inhalten ausgesetzt zu werden“, sagt Plass von der Berliner Behörde.AM BELIEBTESTEN

Die deutsche Technologie-News-Website NetPolitik  hat im Juli 2022 die Bedienungsanleitung für KIVI erhalten . Das 234-seitige Dokument beschreibt die Funktionsweise des Systems und zeigt Betreibern, wie sie potenzielle Probleme an Technologieunternehmen melden können. In Nordrhein-Westfalen ist von einer Ausweitung des Systems auf ganz  Europa die Rede .

Wie bei vielen KI-Systemen, die weltweit entwickelt werden, scheint es einen  Mangel an Transparenz darüber zu geben, wie Personen gekennzeichnet werden . In den ersten Briefen der Polizei in Berlin wird Twitter nicht erwähnt, geschweige denn ein KI-System. „Wir wissen nicht genau, wer von KI gemeldet und wer durch menschliche Moderationsprozesse gefunden wurde“, sagt Paupel. „Allerdings stellen wir eine Zunahme der Fälle fest, was uns vermuten lässt, dass die KI eine Rolle spielt.“ 

Letztendlich, sagt Paupel, gibt es möglicherweise bessere Möglichkeiten für die Behörde, junge Menschen vom Zugang zu Pornografie abzuhalten, wie z. B. die Verbesserung der elterlichen Kontrolle, die Aufklärung von Minderjährigen und Erwachsenen und die Zusammenarbeit mit der Erotikbranche an anderen Lösungen. „Stattdessen streben sie eindeutig nach Zensur“, sagt Paupel. „Es schafft einen Wirtschaftsraum, in dem legal und ethisch produzierte Inhalte finanziell und politisch abgewürgt werden, wodurch illegale Plattformen gedeihen können. Es macht das Internet zu einem weniger sicheren Raum sowohl für Minderjährige als auch für Erwachsene.“

Quelle: https://www.wired.com/story/germany-twitter-porn-police/


KI sucht nach Rechtsverstößen im Netz – Medienanstalten kommen nicht hinterher

13.05.2022 Internet

Die 14 Landesmedienanstalten in Deutschland haben unter anderem die Aufgabe, Medien nach Rechtsverstößen zu durchsuchen. Vor allem in den sozialen Netzwerken haben sie dabei inzwischen ziemlich viel zu tun. Mittlerweile vertrauen sie hierfür aber nicht mehr nur auf den Menschen, sondern auch auf Technologie. Bei der Arbeit hilft nun die künstliche Intelligenz KIVI. Verschiedene Systeme analysieren Bilder, Videos und Texte und untersuchen diese auf Gewaltdarstellungen, Volksverhetzung und andere illegale Inhalte. Die KI wird sowohl mit Positiv- als auch mit Negativ-Beispielen gefüttert, um daraus zu lernen.

KIVI arbeite jedoch nicht autonom, sondern soll in erster Linie als Arbeitserleichterung dienen, wie die federführende Landesmedienanstalt NRW betont. Ob ein potenzieller Rechtsverstoß an die Behörden gemeldet werde, entscheide immer der Mensch. KIVI soll auch dafür sorgen, die Mitarbeiter vor verstörenden Inhalten zu schütze. Inhalte, die von Mitarbeitern geprüft werden sollen, werden zunächst nur verschwommen dargestellt.

Flächendeckende Suche unmöglich

Bislang sind die Inhalte, die KIVI durchsucht und die letztlich von menschlichen Mitarbeitern bearbeitet werden, höchstens Stichproben und doch sind die Zahlen enorm hoch. KIVI habe innerhalb eines Jahres knapp 21.000 Fälle gemeldet, von denen knapp 15.000 geprüft wurden, so Heise. In 6.766 Fällen wurde Verstöße gegen deutsche Gesetze festgestellt, pro Monat resultiere dies in etwa 30 Strafanzeigen – eine Verdopplung im Vergleich zu der Zeit vor KIVI.

KIVI ist allerdings nur wenige Stunden täglich aktiv – ansonsten könnten die Landesmedienanstalten die hohe Zahl der Verstöße gar nicht bearbeiten. Zudem fehlen noch einige relevante Plattformen. Während Twitter, YouTube oder Telegram bereits von der KI analysiert werden, fehlen zum Beispiel noch Reddit, Facebook und Instagram. Der Umfang der Durchsuchungen und die Zahl der Plattformen soll künftig erhöht werden. Mittlerweile seien alle Medienanstalten Deutschlands an das System angeschlossen, außerdem soll KIVI über die deutschen Grenzen hinaus verbreitet werden. Mehrere Länder – darunter Frankreich, Spanien und Österreich – hätten bereits Interesse bekundet.

Quelle: https://www.onlinehaendler-news.de/digital-tech/cyberkriminalitaet/136399-ki-rechtsverstoessen-netz-medienanstalten-nicht-hinterher