Big-Data-Analysen: Europol erhält Befugnis zur Massenüberwachung

Nach dem heutigen Beschluss der EU-Innenminister gilt im Juni das neue Europol-Gesetz. Die Polizeiagentur erhält damit neue Aufgabenbereiche und Befugnisse.

Europol hat in Den Haag mehr als 1.000 Mitarbeiter sowie 220 Verbindungsbeamte aus den 27 Mitgliedstaaten.

Vergleichsweise schnell haben die EU-Mitgliedstaaten und das Parlament eine neue Europol-Verordnung auf den Weg gebracht. Einst zur Bekämpfung des Drogenhandels gegründet, erhält die Agentur noch mehr Kompetenzen. Ein „europäisches FBI“ ist die Agentur in Den Haag jedoch immer noch nicht.

Ende 2020 hatte die Kommission ihren Vorschlag für die neue Verordnung vorgelegt, im Mai dieses Jahres haben sich die drei EU-Beschlussfassungsorgane auf eine finale Version geeinigt. Nach dem Parlament haben heute (24. Mai 2022) auch die EU-Innenminister die finale Version bestätigt.

Nun fehlt nur noch die Veröffentlichung im Amtsblatt, dann gilt das neue Gesetz.

Start als „Europäisches Polizeiamt“

Nach einem Ratsbeschluss nahm Europol 1999 als „Europäisches Polizeiamt“ seine Arbeit auf. Es bündelte damit verschiedene Vorläufer, darunter die vier Jahre zuvor eingerichtete „Europol-Drogeneinheit“ und die Gruppe TREVI (Terrorisme, Radicalisme, Extrémisme et Violence Internationale), in der sich die Innenminister der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften seit 1975 als informeller Kreis zusammengeschlossen hatten.

Fortan sollte Europol für alle schweren Fälle von Terrorismus, Drogenhandel und sonstiger schwerwiegender Kriminalität zuständig sein, wenn diese organisiert erfolgt und zwei oder mehr Mitgliedstaaten betrifft. Allerdings verfügte Europol damals über keine operativen Befugnisse, dies änderte der Rat erst mit einem 2002 verabschiedeten Protokoll. Es erlaubte dem Polizeiamt die Teilnahme an gemeinsamen Ermittlungsgruppen mit Polizeien der Mitgliedstaaten.

Seit 2009 auch für Fußballspiele und Gipfelproteste zuständig

2009 wandelten die Mitgliedstaaten das Polizeiamt mit einem weiteren Ratsbeschluss in eine aus dem Gesamthaushalt der Union finanzierte Agentur um. Seitdem gehört auch die „Prävention“ von Straftaten zum Aufgabenbereich von Europol – gemeint ist die Verlagerung von Strafverfolgung ins sogenannte Vorfeld, wie es das Bundeskriminalamt in Deutschland damals vormachte. Seit 2009 darf Europol außerdem Informationen von Privaten entgegennehmen, also Firmen oder Organisationen, und die Polizeien der Mitgliedstaaten mit Lageberichten und Analysen versorgen.

Auch die Schwelle, dass Europol nur tätig werden kann, wenn es sich bei den Verdächtigen um eine „kriminelle Organisation“ handelt, fiel mit dem Ratsbeschluss von 2009 weg. Zudem sollte die Agentur als neue Hauptaufgabe die Mitgliedstaaten bei „größeren internationalen Veranstaltungen“ unterstützen. Gemeint sind Fußballspiele oder groß angelegte Gipfeltreffen, wie sie zwei Jahre zuvor in Heiligendamm unter breitem Protest stattgefunden hatten.

Einrichtung neuer Datenbanken

Die 2009er-Verordnung bestimmt zudem den Aufbau neuer Datenbanken. Europol hatte bereits zuvor das zentralisierte Europol-Informationssystem (EIS) eingerichtet. Es wird von den Polizeien der Mitgliedstaaten befüllt und speichert Verdächtige oder „potenzielle künftige Straftäter“. Als Fundstellennachweis funktioniert das EIS im Treffer/Kein-Treffer-Prinzip, die Beteiligten können darüber erfahren, ob bei Europol, einem der EU-Mitgliedstaaten oder Kooperationspartnern wie Interpol ein korrelierender Datensatz vorhanden ist.

Derzeit liegen im EIS rund 1,5 Millionen Einträge zu Personen, Sachen oder Vorgängen, davon rund ein Drittel aus Deutschland. 2021 haben die Behörden darin mehr als 12 Millionen Suchanfragen durchgeführt, 2020 waren es noch zehn Millionen. 76 Prozent dieser Abfragen stammten letztes Jahr aus Deutschland.

Mit verschiedenen Analyseprojekten (AP) darf Europol seit 2009 zudem grenzüberschreitende Falldateien führen und die dort enthaltenen Informationen „prädiktiv“ analysieren. APs existieren zu verschiedenen Phänomenen, darunter etwa zu islamistischem und nicht-islamistischem Terrorismus, „ausländischen Kämpfern“, Menschenschmuggel, Cyber- und Umweltkriminalität oder sexuellem Missbrauch von Kindern.

Speicherung im „Datensee“

Zur Auswertung der in den APs liegenden unstrukturierten Daten hatte Europol zunächst die Software Gotham der US-Firma Palantir beschafft. Inzwischen erfolgt die Analyse mit einem angeblich selbst programmierten automatisierten Datenextraktionstool„.

Mit der erst 2016 abermals erneuerten Verordnung hat Europol ein „Integriertes Datenmanagementkonzept“ eingeführt. Damit sollte das Problem gelöst werden, dass dieselben Daten zu einer Person getrennt voneinander in das EIS und in die Analyseprojekte eingegeben werden mussten.

Anstatt in „Silos“, für die es jeweils bestimmte Zugangsrechte gab, liegen kriminalitätsbezogene Informationen aus den APs und dem EIS nun in einem horizontalen „Datensee“ („data lake“). Die Zugriffsrechte werden nicht mehr nach der Art der Daten, sondern nach dem Zweck ihrer Verarbeitung vergeben.

Neue Verordnung legalisiert rechtswidrige Speicherpraxis

Ursprünglich sollte die Verordnung von 2016 auch die Kontrolle von Europol stärken. Die Agentur ist seitdem dem Europäische Datenschutzbeauftragten (EDSB) unterworfen, der die Durchsetzung der Datenschutzvorschriften überprüfen kann. Ein stumpfes Schwert, wie sich im Zuge der Verabschiedung der aktuellen Verordnung herausstellte.

Der amtierende polnische EDSB Wojciech Wiewiórowski hatte festgestellt, dass Europol in großem Maße Informationen auch von Unverdächtigen speichert und verarbeitet, darunter etwa Kontaktpersonen mutmaßlicher Straftäter. Laut der britischen Tageszeitung The Guardian soll es sich dabei um vier Billiarden Byte handeln. Wiewiórowski hatte Europol deshalb angewiesen, diese Daten sofort zu löschen.

Mit der nun geltenden neuen Verordnung wird diese rechtswidrige Speicherpraxis jedoch rückwirkend legalisiert. Europol soll alle personenbezogenen Daten außerdem für mindestens 18 Monate aufbewahren dürfen, wenn sie noch nicht auf ihren Inhalt analysiert wurden. Diese Frist darf Europol auf bis zu drei Jahre verlängern, ohne den Datenschutzbeauftragten um Erlaubnis zu fragen.

Zahnlose parlamentarische Kontrolle

Mit der Neufassung von 2016 sollte die Agentur außerdem ihre „Fachzentren“ weiterentwickeln. Europol hatte bereits ein Europäisches Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität eingerichtet, 2016 folgten ein Zentrum zur Terrorismusbekämpfung und ein Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung. Sie verfügen über zusätzliche Mittel und Personal, erstellen Frühwarnberichte und entsenden „mobile Ermittlungsunterstützungsteams“ für Razzien und andere Operationen in den Mitgliedstaaten.

Die Verordnung von 2016 bestimmt außerdem die Einrichtung einer Gemeinsamen Parlamentarischen Kontrollgruppe aus nationalen und EU-Abgeordneten, die sich 2018 konstituiert hat. Von einer tatsächlichen Kontrolle kann aber nicht die Rede sein, dazu ist das Gremium viel zu groß und schwerfällig. Zudem wird ihr Auftrag mitunter grob falsch interpretiert. Während der deutschen Ratspräsidentschaft hatte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius den Co-Vorsitz übernommen. Der SPD-Politiker nutzte dies für die Verbreitung der Forderung, die Agentur „weiter zu stärken und angemessen auszustatten“ – also das Gegenteil einer Einhegung von Europol, wie es von einer parlamentarischen Kontrollgruppe zu erwarten wäre.

Die Breitseite von Pistorius geht auf eine Forderung des deutschen Bundesrates zurück, der ebenfalls an der parlamentarischen Kontrolle Europols teilnehmen wollte und sich dabei durch Landesinnenminister vertreten ließ. Ein grobes Missverständnis, denn der Bundesrat ist zwar eine gesetzgebende Kammer im Sinne des EU-Rechts, aber kein Parlament, wie es in der Kontrollgruppe vorgesehen ist. Zudem ist der Bundesrat bereits in Aufsichtsgremien von Europol vertreten, darunter etwa dem Verwaltungsrat.

Auf dem Weg zu einem “europäischen FBI“

Obwohl dies sogar den EU-Verträgen widerspricht, hatte Pistorius die Entwicklung von Europol zu einem „europäischen FBI“ gefordert. Neu sind derartige Vorschläge nicht, schon der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wollte Europol Anfang der Jahrtausendwende mit „exekutiven Befugnissen nach dem Vorbild des Bundeskriminalamtes“ ausstatten. 2003 sprach der ehemalige französische Premierminister Lionel Jospin von Europol als „Kern einer operativen Kriminalpolizei auf europäischem Niveau“.

Allerdings verfügt Europol auch mit der nun beschlossenen Verordnung nicht über exekutive Befugnisse in den EU-Mitgliedstaaten, wie sie das FBI auf dem gesamten Gebiet der föderalen Vereinigten Staaten innehat. Europol kann also selbst keine Verhaftungen durchführen, Hausdurchsuchungen vornehmen oder Telefone abhören.

Allerdings koordiniert Europol seit letztem Jahr über ein Unterstützungsbüro den sogenannten ATLAS-Verbund, in dem sich 38 Spezialeinsatzkommandos aus den Schengen-Staaten sowie Großbritannien zusammenschließen. Das nach den Anschlägen des 11. September 2001 gegründete Netzwerk gehört seit 2008 zu den Strukturen der Europäischen Union. Die EU will sich damit auf polizeiliche Großlagen vorbereiten, die eine Unterstützung anderer Mitgliedstaaten erfordern. Dies betrifft Einsätze bei Terroranschlägen, schwerer und organisierter Kriminalität oder anderen „Krisensituationen“.

Europol als Quasi-Geheimdienst

Aber auch ohne hoheitliche Befugnisse in den Mitgliedstaaten befindet sich Europol auf dem Weg zu einem „europäischen FBI“, und zwar als eine Art Quasi-Geheimdienst. Die neue Verordnung gibt der Polizeiagentur weitere Kompetenzen zur Sammlung und Auswertung von Massendaten, die von Privaten stammen. Dabei kann es sich um kinderpornografische Inhalte handeln, um terroristische oder migrationsbezogene Inhalte von Webseiten, die den Providern zur Entfernung gemeldet werden, oder auch um Protokolle millionenfach abgehörter Telekommunikation.

Den Umfang derartiger Datensammlungen lassen die Ermittlungen zu Encrochat und Sky ECC sowie der vom FBI gegründeten Tarnfirma ANOM erahnen. Europol hat zu den drei verschlüsselten Telefonnetzwerken Ermittlungsgruppen eingerichtet und nach eigenen Angaben allein zu Sky ECC „Hunderte von Millionen von Nachrichten“ erhalten, analysiert und anschließend an die betreffenden Mitgliedstaaten weitergegeben.

Im Falle von Encrochat stammten die Daten ursprünglich aus einem Hack durch den französischen Geheimdienst, so wird es jedenfalls vermutet. Zuständig war dafür der Leiter der Kriminalpolizeilichen Direktion der Gendarmerie, Jean-Philippe Lecouffe. Der Absolvent der französischen Militärakademie wurde nun als stellvertretender Direktor für die Abteilung „Operationen“ zu Europol berufen. Die fragwürdige Zusammenarbeit von Europol mit EU-Geheimdiensten könnte sich mit dieser Personalie sogar noch verstetigen.

Personenfahndungen von ausländischen Geheimdiensten

Europol wird außerdem die Zusammenarbeit auch mit ausländischen Geheimdiensten erlaubt. Die Agentur soll etwa Listen mit Personenfahndungen aus Drittstaaten verarbeiten, damit diese von in das Schengener Informationssystem (SIS II) zur Festnahme oder heimlichen Beobachtung eingegeben werden. Ein derartiges Verfahren hat sich in den vergangenen Jahren mit dem FBI und Westbalkanstaaten etabliert, jedoch ohne Europol als koordinierende Instanz.

Schreibenden Zugriff auf das SIS II erhält Europol auch mit der neuen Verordnung nicht, die Agentur darf aber als Zentralstelle für die Entgegennahme der Listen aus den Nicht-EU-Staaten fungieren. Europol prüft zunächst, ob bereits eine Ausschreibung zu den Personen existiert, und fragt bei den nationalen Geheimdiensten der Mitgliedstaaten, ob diese einer Fahndung wegen eigener Interessen widersprechen. Anschließend sucht Europol ein EU-Mitglied, das diese Fahndungen vornimmt.

Das Parlament hatte erfolglos gefordert, dass die Listen nur von Geheimdiensten aus „vertrauenswürdigen Drittstaaten“ stammen dürfen, dies hat der Rat jedoch gekippt. Vorschläge für die Ausschreibung von Personen können auch von internationalen Organisationen wie Interpol stammen.

Entschlüsselung und künstliche Intelligenz

Zu den vergleichsweise neuen Aufgaben Europols gehört die Forschung und Entwicklung zu neuen technischen Möglichkeiten der Strafverfolgung und Überwachung. Hierzu hat die Agentur ein Innovationslabor eingerichtet, das zum Einsatz von Robotik und Drohnen arbeitet.

Ebenfalls bei Europol ist eine „Entschlüsselungsplattform“ angesiedelt, die von der EU-Kommission mit 5 Millionen Euro gefördert wird. Europol will dafür Quantencomputer nutzen. Für derartige Verfahren setzt Europol außerdem auf künstliche Intelligenz.

In verschiedenen Projekten der EU-Sicherheitsforschung forscht die Agentur zur Analyse von Big Data. In Starlight erprobt Europol mit der deutschen Bundespolizei den „nachhaltigen Einsatz von künstlicher Intelligenz in den Strafverfolgungsbehörden“. In Grace entwickelt Europol mit der deutschen Trojanerbehörde ZITiS eine Plattform für die Verarbeitung von Material, das die sexuelle Ausbeutung von Kindern zeigt. In Aida arbeiten die Beteiligten an einer „prädiktiven Datenanalyseplattform“ für Cyberkriminalität und Terrorismus.

Mehr Geld, mehr Auskunft?

Auch für europäische Polizeibehörden sind der Umbau von Europols Informationsarchitektur und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten oft unverständlich. Deshalb hat die amtierende Europoldirektorin Catherine Bolle die Plattform Connecting Analysts (Conan) gestartet. Ermittler aus EU-Mitgliedstaaten, EU-Agenturen, Drittstaaten und internationalen Organisationen können darüber Fachwissen und Ressourcen austauschen.

Wie die Aufgabenbereiche und Befugnisse steigt auch das Budget von Europol jedes Jahr an. Im vergangenen Jahr verfügte die Agentur über rund 174 Millionen Euro, dieses Jahr fallen bereits 193 Millionen Euro an. Derzeit arbeiten bei Europol in Den Haag mehr als 1.000 Mitarbeiter sowie 220 Verbindungsbeamte aus den 27 Mitgliedstaaten. Nach eigenen Angaben unterstützt Europol jährlich rund 40.000 internationale Ermittlungen.

Es ist nicht zu erwarten, dass die nun gültige Verordnung das Kontrolldefizit bei Europol behebt. Da ist es ein schwacher Trost, dass darin nun auch mehr Auskunftsrechte verankert sind. Zukünftig soll es Bürgern aller EU-Mitgliedstaaten möglich sein, bei Europol Auskunft zu dort gespeicherten Daten über die eigene Person zu erhalten. Diese Auskünfte können jedoch auch verweigert werden. 

Quelle: https://www.golem.de/news/neue-verordnung-europol-wird-zur-big-data-polizei-2205-165634-4.html


EU: Neues Gesetz erweitert Befugnisse der EUROPOL

Die EU möchte mehr an einem Strang ziehen. Das soll künftig nicht mehr nur wirtschaftlich und politisch der Fall sein. Durch das im Juni diesen Jahres in Kraft tretende Europol-Gesetz möchte man obendrein die Zuständigkeit des gleichnamigen Polizeiorgans der EU erweitern. Damit gehen auch neue Befugnisse einher, die insbesondere den digitalen Datenverkehr betreffen. Die EU-Innenminister erhoffen sich dadurch eine effektivere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Entsteht da gerade ein Pendant zum US-Amerikanischen FBI?

Gesetz tritt erstaunlich schnell in Kraft

Aus gesetzgeberischer Sicht ist das Europol-Gesetz ein echter Sprinter. Schließlich dauert es auf EU-Ebene nicht selten mehrere Jahre, bis ein neues Gesetz in Kraft tritt. Angesichts des komplizierten und langwierigen Gesetzgebungsverfahrens auf EU-Ebene verwundert dies nicht wirklich. Die Idee zum neuen Europol-Gesetz wurde seitens der EU-Kommission im Jahr 2020 erstmalig geäußert. Ende 2020 ging dann auch schon die erste Fassung in Umlauf. Und jetzt, knappe anderthalb Jahre nach der ersten Fassung, soll das Gesetz in Kraft treten – das ist alles andere als typisch. Das finale grüne Licht gaben die EU-Innenminister. Damit steht dem neuen Gesetz nichts mehr im Wege.

Eine bewegte Geschichte

Anlässlich des neuen Gesetzes ist es durchaus angebracht, einmal die Geschichte der Europol Revue passieren zu lassen. Alles begann im Jahr 1999. Damals beschloss der Europäische Rat, dass ein gemeinsames sogenanntes „Europäisches Polizeiamt“ seine Arbeit aufnehmen solle. Allerdings handelte es sich dabei keineswegs um die erste gemeinsame Polizeiarbeit innerhalb der EU. Vielmehr handelte es sich um eine Art Bündelung mehrerer kleinerer EU-Polizeien, welche sich zuvor um Probleme wie die grenzübergreifende Drogenkriminalität gekümmert hatten. Dabei nahm die Europol ihre Arbeit in der Regel immer erst dann auf, wenn es sich um schwerwiegende Delikte handelte, die nicht nur einen, sondern gleich mehrere EU-Staaten betrafen.

Befugnisse wurden Stück für Stück erweitert

Was in der Theorie nach einer guten Sache klang, zeigte sich in der Praxis mit einigen Kinderkrankheiten. So standen der wirksamen Polizeiarbeit durch die Europol in der Regel viele Fragen rund um die Themen Zuständigkeit und vor allem auch Befugnisse im Raum. Da die Europol nicht wirklich selbst tätig werden, sondern lediglich als Unterstützung für Polizeien der Mitgliedsstaaten herbeieilen durfte, wurde deren Effektivität schnell angezweifelt. Lange dauerte es aber nicht, bis sich die Befugnisse erweiterten. So entschied der Europäische Rat im Jahr 2009, dass die Europol fortan auch präventiv tätig werden darf. Damit wollte man schwere Straftaten bereits im Vorfeld bekämpfen. Neben der Erlaubnis, präventiv arbeiten zu dürfen, kamen 2009 auch weitere neue Befugnisse hinzu. So war die Europol fortan für „größere internationale Veranstaltungen“ zuständig.

Doch mit den Änderungen im Jahr 2009 holte man die Europol auch ins digitale Zeitalter der Verbrechensbekämpfung. So wurde ihr zugesagt, dass sie umfangreiche Datenbanken zu möglichen Straftätern aufbauen dürfe. Mittlerweile sind diese prall gefüllt. So befinden sich in den Datenspeichern Informationen zu knapp 1,5 Millionen Personen oder anderen wichtigen Vorgängen. Da die gigantischen Datenmassen auch datenschutzrechtlich sauber sein müssen, ring sich die EU-Politik im Jahr 2016 zu einer neuerlichen Verordnung durch. Hier wurde nicht nur das Speichern von Personendaten erleichtert. Obendrein wurde eine Abfragebefugnis an Sinn und Zweck der Abfrage geknüpft. Nur, wenn der Vorgang auch wirklich etwas mit den entsprechenden Daten zu tun hatte, wurde der Abfrage stattgegeben.

Rolle des Datenschutzbeauftragten wird geschwächt

Das klingt alles nicht ohne Grund nach einem gigantischen Datensumpf, der in den falschen Händen jede Menge Ärger anrichten könnte. Umso verständlicher ist es, dass Europol stets unter der Beobachtung des Europäischen Datenschutzbeauftragten stand. Dieser sollte dafür sorgen, dass die Polizeiarbeit nicht mit den Datenschutzrechten der europäischen Bevölkerung kollidiert. Nun stellt sich heraus, dass die wichtige Rolle des Datenschutzbeauftragten mit Inkrafttreten des neuen Europol-Gesetzes geschwächt wird. Der höchste europäische Bewahrer des Datenschutzrechts heißt Wojciech Wiewiórowski und ist ganz offensichtlich nicht erfreut über die Speicherpraxis der Europol. Schließlich soll diese laut eines Berichts von „The Guardian“ jede Menge Daten zu Personen speichern, die überhaupt nicht verdächtig sind.

Als Wiewiórowski über die fragwürdige Praxis informiert wurde, wies er Europol an, die insgesamt vier Billiarden Byte an Daten zu löschen. Allerdings dürfte die Anordnung nun im Sande verlaufen. Warum? Laut neuem Europol-Gesetz wird die europäische Polizeibehörde dazu ermächtigt, Personendaten bis zu drei Jahre aufbewahren zu dürfen. Hierbei ist keine Mitwirkung des Europäischen Datenschutzbeauftragten von Nöten. Folglich bedeutet das neue Europol-Gesetz einen echten Tiefschlag für alle Datenschützer. Doch nicht nur das. Obendrein bemängeln Experten bereits seit Jahren, dass die sogenannte „Parlamentarische Kontrollgruppe“ kein effektives Kontrollorgan der Europol ist. Da hier jeder einzelne Mitgliedsstaat beteiligt ist, zeigt sich dieses Gremium einfach zu unflexibel, weshalb sinnvolle Kontrollen gar nicht möglich seien.

Wird Europol zur Datenkrake?

Manch ein Politiker innerhalb der EU schaute in Bezug auf die Europol nicht selten neidisch zu unserem Partner in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort kümmert sich das FBI als Bundespolizei um die Belange aller Bundesstaaten. Dabei wird das FBI immer dann tätig, wenn die Schwere der Straftat es zulässt oder mehrere Bundesstaaten betroffen sind. Europol hat nicht annähernd so viele Befugnisse, ist aber ganz offensichtlich auf dem Weg in eine ähnliche Richtung. Das neue Europol-Gesetz sieht abermals nicht vor, dass die Europäische Polizeibehörde eigenständig operative Maßnahmen wie beispielsweise Festnahmen durchführen darf. Doch der zur Europol gehörende „ATLAS-Verbund“ stellt ein riesiges Spezialkommando dar, welches im Ernstfall tätig werden kann. Im digitalen Zeitalter muss die Macht einer Behörde aber nicht unbedingt mit ihren operativen Befugnissen zusammenhängen. Macht hat vielmehr derjenige, der viele Daten sammeln kann. Und mit der Neufassung des Europol-Gesetzes ist dies definitiv der Fall.

Hier setzt die EU-Politik auf noch weitreichendere Datensammlungen, die bei der Bekämpfung schwerer Straftaten helfen sollen. Dabei handelt es sich insbesondere auch um Chatverläufe aus den sogenannten „Encrochats“. Den verschlüsselten Messenger nutzen insbesondere Kriminelle aus dem Bereich der Drogenkriminalität. Erst letztes Jahr reichte die Europol die gesammelten Daten an betreffende Mitgliedstaaten weiter, um bei der Festnahme zu helfen. Doch die ganze Sache hat auch einen Haken. Die Encrochat-Daten hat nämlich nicht die Europol, sondern der französische Geheimdienst erbeutet. Müssen wir uns in Zukunft also auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Europol und den Geheimdiensten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten einstellen? Geht es nach dem neuen Europol-Gesetz ist der Polizeibehörde dieses Vorgehen ausdrücklich erlaubt. Doch es geht noch weiter. So soll die Europol künftig sogar mit Geheimdiensten von Drittstaaten zusammenarbeiten dürfen. Eine Einstufung als „vertrauenswürdige Drittstaaten“ lehnte der Europäische Rat übrigens ab.

Europol als Vorreiter der modernen Verbrechensbekämpfung

Weiterhin soll der Europol fortan eine Rolle als Forschungseinrichtung zukommen. Insbesondere moderne Wege der Verbrechensbekämpfung stehen dabei im Vordergrund. Neben modernen Drohnen spielt dabei natürlich auch die Künstliche Intelligenz für die Prävention eine große Rolle. Für die KI soll ein leistungsstarker Quantencomputer zum Einsatz kommen. Dieser dürfte wahrscheinlich auch bei der Verarbeitung der gigantischen Datenmengen helfen. Doch wie will man das alles bezahlen? Natürlich wächst mit den Befugnissen auch des Budget der Europäischen Polizeibehörde. Im Vergleich zum letzten Jahr stieg es dieses Jahr bereits um fast 20 Millionen Euro auf eine Gesamtsumme von 193 Millionen Euro an.

Quelle: https://basic-tutorials.de/news/eu-neues-gesetz-erweitert-befugnisse-der-europol/


Big-Data-Analysen: Europol erhält Befugnis zur Massenüberwachung

Das Mandat für das europäische Polizeiamt Europol wird deutlich erweitert. Seine Ermittler dürfen künftig umfangreiche und komplexe Datensätze verarbeiten und mit derlei Big-Data-Analysen die Mitgliedstaaten in ihrem Kampf gegen schwere Kriminalität und Terrorismus unterstützen. Mit 480 zu 143 Stimmen bei 20 Enthaltungen hat das EU-Parlament am Mittwoch einen umstrittenen Entwurf zur Reform der Europol-Verordnung verabschiedet.

Vor allem nationale Strafverfolgungsbehörden wie das Bundeskriminalamt (BKA) oder die französische Nationalpolizei beliefern Europol bereits seit Jahren mit großen Mengen an Daten. Das in Den Haag sitzende Amt gilt Kritikern als „Datenwaschanlage“, da dort auch Informationen hingelangen, die nationale Stellen in Eigenregie nicht verarbeiten dürften.

Europol half zudem etwa Justiz- und Strafverfolgungsbehörden in Belgien, Frankreich und den Niederlanden, den verschlüsselten Kommunikationsdienst des kanadischen Anbieters Sky ECC zu unterwandern. Allein dieser Coup soll unschätzbare Einblicke in hunderte Millionen Nachrichten geliefert haben. Zuvor war der ähnlich ausgerichtete Provider Encrochat geknackt worden.

Der „Guardian“ beschrieb die gut gefüllten, mittlerweile mindestens vier Petabyte fassenden Europol-Datenspeicher so jüngst als „schwarzes Loch“. Die Zeitung spricht von einer großen „Datenarche“, die Milliarden an Informationspunkten umfasse. Ob Erkenntnisse aus einschlägigen Analysen vor Gericht verwendet werden dürfen, ist eine noch nicht abschließend gelöste Frage.

Schon im Oktober 2020 hatte der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski beklagt, dass Europol-Ermittler mit dem Sammeln und Analysieren solcher nicht mehr überschaubaren Datenmengen ihre Befugnisse überschritten und rechtswidrig gehandelt hätten. Unverdächtige wie Opfer, Zeugen oder Kontaktpersonen liefen damit Gefahr, „unrechtmäßig mit einer kriminellen Aktivität in der gesamten EU in Verbindung gebracht zu werden“.

Anfang Januar ordnete Wiewiórowski an, dass das Polizeiamt künftig binnen sechs Monaten entscheiden müsse, ob es erhaltene personenbezogene Informationen längerfristig speichern und verwenden darf. Daten mit unklarem Status seien im Anschluss zu löschen. Schon erste Entwürfe für die neue Europol-Verordnung sahen aber vor, dass die Ermittler im großen Stil Daten speichern und auswerten können sollen.

Auf den Deal, den das Parlament jetzt bestätigte und Wiewiórowski so düpierte, hatten sich Verhandlungsführer der EU-Gesetzgebungsgremien Anfang Februar geeinigt. Er sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, die EU-Staatsanwaltschaft und die Justizbehörde Eurojust nach einer Übergangszeit dem Polizeiamt ausdrücklich mitteilen können, dass sie das neue Europol-Mandat auch auf Daten angewendet wissen wollen, die sie bereits vor dessen Greifen nach Den Haag lieferten. Europol darf im Anschluss die Altbestände weiter nutzen.

In der Praxis bedeute diese, dass die illegale Datenverarbeitung bei Europol „rückwirkend legalisiert wird“, hatten die Initiative European Digital Rights (EDRi) und 22 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen wie Privacy International, Statewatch und Access Now im Vorfeld gewarnt. Dies käme „einem großen Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit und die Rechte der Betroffenen“ gleich. Ende April startete EDRi noch eine Kampagne, um die Abgeordneten umzustimmen.

Mit dem Beschluss darf Europol künftig ferner personenbezogene Daten von Unternehmen wie Facebook, Microsoft und Google, Banken sowie Fluglinien entgegennehmen, speichern und analysieren. Dies soll auch für Informationen aus Drittländern gelten, solange diese „angemessene Datenschutzgarantien in einem rechtsverbindlichen Instrument festgelegt haben“ oder Europol selbst solche Sicherheitsvorkehrungen gegeben sieht.

Um die neuen Kompetenzen mit einer stärkeren Aufsicht in Einklang zu bringen, haben sich die EU-Gesetzgeber darauf geeinigt, dass die Behörde eine neue Stelle für einen Grundrechtsbeauftragten schaffen wird.

Patrick Breyer (Piratenpartei) erklärte, er habe gegen die Novelle gestimmt. Unschuldige Bürger liefen Gefahr, etwa über Handy-Standortdaten und Passagierlisten „zu Unrecht in den Verdacht einer Straftat zu geraten, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren“.

Quelle: https://www.heise.de/news/Big-Data-Analysen-Europol-erhaelt-Befugnis-zur-Massenueberwachung-7075023.html

Ja zur Chatkontrolle/Klage und Demo dagegen, Pfui

Ja zur Chatkontrolle/Klage und Demo dagegen, Pfui. Ein tolles Vorhaben – Super! Schlimm wie Netzaktivisten, Politiker, und Bürgerrechtsorganisationen sturm gegen die Chatkontrolle laufen und sich so hinter die Täter stellen (Beihilfe zur einer Straftat leisten). Sowie gleichzeitig die Opfer im Digitalen und öffentlichen Raum auf übelste Verhöhnen.

Gerade deshalb ja zur Chatkontrolle! Kein Schutz von Tätern im Digitalen Raum!

Mutig im Digitalen Raum und öffentlichen Raum (Brief an die EU-Kommission) für ein Ja zu Chatkontrolle werben, das mach ich als Befürworter der Chatkontrolle. Ich mag solche Sicherheitsgesetze sehr und habe viele Praktika im Internet gemacht, deshalb empfinde ich für die Gegner zur Chatkontrolle nur einen Brechreiz.

Vor allem auch weil die Gegner im Internet US-Konzerne nutzen, wo sich US-Behörden kräftig bedienen, das stört die nicht aber wehe die EU bringt ein Gesetz gegen Kinderpornographie auf dem weg, ihr die Gegner habt ja nicht mehr alle Latten am Zaun.

Ein anderes Beispiel: viele Kindergärten nutzen WhatsApp-Eltern Gruppen und dann ist man gegen die Chatkontrolle der EU – nicht euer ernst.

Chatkontrolle: EU-Kommission bringt Verordnung für Kinderporno-Scans auf den Weg

Ylva Johansson am Mittwoch in Brüssel.

Auch verschlüsselte Dienste von WhatsApp, Apple & Signal sollen mit Anordnungen gezwungen werden können, Fotos und Videos von Kindesmissbrauch aufzuspüren.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch den Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch veröffentlicht. Damit sollen auch Anbieter verschlüsselter Messenger wie WhatsApp, Signal, Threema oder Apples iMessage dazu gezwungen werden können, Fotos und Videos von Kindesmissbrauch in den Nachrichten ihrer Nutzer ausfindig zu machen sowie gegen Grooming vorzugehen. Zur Koordination mit den Behörden in den Mitgliedsländern soll eine neue EU-Zentralstelle aufgebaut werden.

Folgen die betroffenen Unternehmen einer solchen Vorgabe nicht, drohen ihnen hohe Geldstrafen von bis zu 6 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Welche Techniken dabei zum Einsatz kommen sollen, schreibt die Kommission nicht vor. Sie will sich hier bewusst „neutral“ verhalten. Eine umfassende Inhaltekontrolle ist bei Diensten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aber derzeit nicht möglich.

Praktisch dürften WhatsApp & Co. daher nicht darum herumkommen, besonders umstrittene Methoden anzuwenden. Sie müssten möglicherwiese ihre kryptografischen Verfahren aufweichen oder andere Lösungen wie einen Hashabgleich oder Scans direkt auf den Endgeräten („Client-side Scanning“, CSS) einsetzen. Ein solches CSS gefährdet laut Experten die Sicherheit der Nutzer massiv und öffnet die Türen für Massenüberwachung.

Zunächst müssen dem Vorschlag der Kommission zufolge alle Anbieter von Hosting- oder interpersonellen Kommunikationsdiensten in der EU eine Risikobewertung zum möglichen Missbrauchs ihrer Dienste für die Verbreitung von Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs oder für Grooming vornehmen. Sie sollen bereits ergriffene Abhilfemaßnahmen aufzeigen. Anbieter von App-Stores sollen gezwungen werden, eine Altersüberprüfung durchzuführen.

Wenn die bisherigen Aktivitäten der Betreiber in den Augen der zuständigen Behörden nicht ausreichen, können diese eine Anordnung erlassen. Hosting-Anbieter können damit verpflichtet werden, Material über sexuellen Kindesmissbrauch zu löschen oder den Zugang dazu in allen Mitgliedstaaten zu sperren. Zugangsprovider können gezwungen werden, URLs zu blockieren, die auf einschlägige Bilder oder Videos hinweisen, die selbst nicht entfernt werden können.

Die Kommission will auch Rechte der Opfer stärken, deren Missbrauchsdarstellungen noch im Internet kursieren. Sie sollen von der geplanten EU-Zentralstelle informiert werden. Damit könnten sie sich dann auch an die Anbieter der betreffenden Hosting-Dienste wenden oder Hilfe über die zuständigen Ämter in Anspruch nehmen, wenn sie das Löschen oder eine Sperre erwirken wollen.

Die Kommission bemüht sich, ihre Initiative als verhältnismäßig darzustellen. Anordnungen zum Aufdecken von Missbrauchsmaterial „sind zeitlich begrenzt und zielen auf eine bestimmte Art von Inhalten in einem bestimmten Dienst ab“, betont die Kommission. Die Anbieter müssten zudem Methoden verwenden, „die nach dem Stand der Technik in der Branche den geringsten Eingriff in die Privatsphäre darstellen“ und die Quote von Fehlalarmen „so weit wie möglich begrenzen“.

Die EU-Zentralstelle soll von den Anbietern gemeldete Fälle überprüfen, bevor sie sie an die Strafverfolgungsbehörden und Europol weiterleitet. Das neue Amt soll aber direkt bei der EU-Polizeibehörde in Den Haag angesiedelt sein, um Kosten zu sparen und die Kooperation mit den Ermittlern zu verbessern. Sowohl Anbieter als auch Nutzer hätten zumindest das Recht, jede sie betreffende Maßnahme vor Gericht anzufechten.

„Verschlüsselung ist ein wichtiges Instrument für den Schutz der Cybersicherheit und der Vertraulichkeit der Kommunikation“, erklärt die Kommission in einer Frage-Antwort-Liste. „Gleichzeitig könnte ihre Verwendung als sicherer Kanal von Kriminellen missbraucht werden, um ihre Handlungen zu verbergen.“ Dies würde die Bemühungen behindern, „die Täter des sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht zu bringen“.

Würden durchgängig verschlüsselte Dienste von der Pflicht befreit, gegen die Verbreitung von Missbrauchsmaterial vorzugehen, „hätte dies schwerwiegende Folgen für die Kinder“, betont die Kommission. Pro Tag könnten nach Schätzungen des US-amerikanischen National Centre for Missing and Exploited Children (NCMEC) derzeit bis zu 2100 einschlägige Hinweise unterbleiben.

Innenkommissarin Ylva Johansson wandte sich bei der Präsentation des Vorschlags an Missbrauchsopfer direkt: „Ihr sollt diese Albträume nicht noch einmal durchleben müssen.“ Polizeibeamte versprach sie „bahnbrechende europäische Gesetze, die ihnen helfen, Straftäter zu fassen“. 85 Millionen einschlägige Fotos und Videos seien allein 2021 von fünf Unternehmen an das NCEMC gemeldet. Es gebe eine „6000-prozentige Steigerung in der EU“.

Die Vorgaben seien „maßgeschneidert“, unterstrich die Schwedin. Neben dem EU-Zentrum würden auch Datenschutzbehörden einbezogen. Es gehe nicht um das Ausschnüffeln privater Kommunikation, sondern nur darum, „diese spezifische Inhalte zu finden“. Gebraucht werde ein Magnet, der nur die Nadel sehe, nicht das Heu. Was zähle, „ist das Ergebnis“.

Quelle: https://www.heise.de/news/Chatkontrolle-EU-Kommission-bringt-Verordnung-fuer-Kinderporno-Scans-auf-den-Weg-7081975.html


Chatkontrolle-Gesetz: Das steckt hinter den umstrittenen Plänen der EU

Die EU will die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet durch ein Gesetz erschweren. Kritiker sprechen von „Massenüberwachung“ und protestieren in Berlin.

Die Europäische Union will am Mittwoch ein neues Gesetz zur sogenannten Chatkontrolle vorstellen. Wie unter anderem die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtete, soll damit der Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder Einhalt geboten werden. Allerdings ist das Gesetz bei Datenschützern massiv umstritten. Der Gesetzentwurf wurde vor der Vorstellung geleakt, die Organisation Netzpolitik veröffentlichte den Entwurf.

Durch das Gesetz sollen Messenger wie WhatsApp oder Signal sowie E-Mail-Anbieter dazu verpflichtet werden, mithilfe von KKünstlicher Intelligenz (KI) nach Missbrauchsmaterial zu suchen und Verdachtsfälle an Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten. Die Maßnahme würde die Chatverschlüsselung aufheben, so viele Datenschützer.

Trotz aller Kritik will die EU wohl an dem Gesetz festhalten. Sie sieht das Gesetz als wichtigen Schritt im Kampf gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet an. Fraglich ist allerdings, ob das geplante Gesetz zur Chatkontrolle überhaupt mit geltendem EU-Recht gegen Massenüberwachung kompatibel wäre.

Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/news/chatkontrolle-gesetz-das-steckt-hinter-den-umstrittenen-plaenen-der-eu-li.227198


EU-Abgeordneter reicht Klage wegen Chatkontrolle ein

Der Abgeordnete des Europaparlaments und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) geht im Wege einer Unterlassungsklage gegen Meta, den Mutterkonzern von Facebook vor. Der Grund: Verdachtslose, automatisierte Nachrichtendurchsuchung. Derzeit besteht eine europarechtliche Regelung, nach welcher eben solche Diensteanbieter wie Facebook oder auch Google die privaten Nachrichten ihrer Nutzer nach Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen scannen dürfen. Geplant ist von der EU-Kommission jedoch, die verdachtslose Nachrichten- und Chatkontrolle für sämtliche Anbieter von E-Mail-, Messenger- und Chatdiensten verpflichtend zu machen. 

Quelle: https://www.onlinehaendler-news.de/e-recht/gesetze/136388-eu-abgeordneter-klage-chatkontrolle-eu-meta

Chatkontrolle: Hoffentlich stellt die EU-Kommission endlich den Entwurf dazu vor

Hoffentlich stellt die EU-Kommission endlich den Entwurf zur Chatkontrolle vor. Die Chatkontrolle ist super, klar soll die Kommunikation überwacht werden. Von allen Privatpersonen, egal ob Polizist, Richter, Staatsanwaltschaft, Sozialpädagogen, Menschen die in der Eingliederungshilfe Arbeiten und Hilfe bewilligen. Ich finde es super wenn die Kommunikation EU weit mit KI überwacht wird.

Bei uns auf der Arbeit nerven die ein auch mit diesem Signal, das ist ja sicher. Mein Gedanke immer: die müssen alle überwacht werden – EU weit, erst recht die die auf Signal und Co. ausweichen.

Herrlich wie Sich Bürgerrechtler, Chaos Computer Club, Organisationen sowie Andrea Breyer aufregen. Einfach nur köstlich und unterhaltsam für Befürworter wie mich. Dann kann dieses geplante EU-Vorhaben ja nur gut sein – Je lauter die schreien desto besser das Überwachungsvorhaben.

Hoffentlich wird der Entwurf endlich vorgestellt, 2-3 mal wurde es ja schon verschoben was ich schade finde. Es soll schließlich mal weiter gehen im EU-Gesetzgebungsverfahren mit der Chatkontrolle.


Fotos missbrauchter Kinder fluten Teile des Netzes. Die Zahl erfasster Darstellungen sexuellen Missbrauchs in Deutschland nahm 2021 im Jahresvergleich um mehr als 100 Prozent auf knapp 40.000 zu. „Europa ist mittlerweile zu einem Drehkreuz für den Handel mit Missbrauchsdarstellungen geworden“, sagt die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, der Deutschen Presse-Agentur. Wenn man sich den Anstieg der Fälle ansehe, stelle sich die Frage, „ob wir den gigantischen Mengen, die im Internet angeboten werden, überhaupt noch etwas entgegensetzen können“.

Die EU-Kommission will es versuchen und voraussichtlich Mitte der Woche einen Gesetzesvorschlag im Kampf gegen Darstellungen sexuellen Missbrauchs im Internet vorlegen. Doch inwieweit rechtfertigt der gute Zweck den Eingriff in die private Kommunikation der Bürger?

Facebook, Google und Co haben Privatnachrichten ihrer Nutzer bis zum Dezember 2020 freiwillig nach Missbrauchsdarstellungen gescannt. Dabei suchten sie nach Bildern, die etwa durch frühere Ermittlungen bekannt und mit einer Art digitalem Fingerabdruck, einem sogenannten Hash, versehen worden waren. Treffer wurden an das US-Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder NCMEC gegeben, wo sie geprüft und gegebenenfalls an die Behörden wie dem Bundeskriminalamt (BKA) geschickt wurden. Ab Ende 2020 fehlte dafür in der EU jedoch zeitweise die rechtliche Grundlage. Hier ging die Zahl der Hinweise dem NCMEC zufolge zunächst um 58 Prozent zurück.

Deshalb einigten sich die EU-Staaten und das Europaparlament vor rund einem Jahr auf eine Übergangslösung, die nach spätestens drei Jahren ausläuft. Seitdem dürfen die Plattformen die Nachrichten ihrer Nutzer wieder auf Hashes scannen. Nun fällt allerdings auch das Aufspüren sogenannter Groomings unter die Regeln, worunter man das Heranmachen von Erwachsenen an Kinder im Netz versteht. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will in dieser Woche eine dauerhafte Lösung vorschlagen.

Die Details des Vorschlags sind noch unklar. Die Richtung gibt Johansson jedoch schon länger vor. Sie werde ein Gesetz vorschlagen, das „die Unternehmen verpflichtet, den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen, zu melden und zu entfernen“, sagte sie im Januar der „Welt am Sonntag“. Fraglich ist unter anderem, ob sich diese Pflicht auf bekannte Darstellungen beschränkt. Auch das Aufspüren von Grooming könnte in irgendeiner Form verbindlich werden. Außerdem dürfte die Kommission vorschlagen, ein EU-Zentrum zum Kampf gegen Kindesmissbrauch zu schaffen. Über die Vorschläge verhandeln dann die EU-Staaten und das Europaparlament.

Bürgerrechtler sind alarmiert. Im März schrieben 47 Organisationen einen Brandbrief (PDF) an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Innenkommissarin Johansson. Unterzeichnet hat auch der Verein Digitale Gesellschaft, dem Tom Jennissen angehört. Er warnt davor, dass künftig jede etwa über WhatsApp verschickte Nachricht von den Unternehmen gescannt werden könnte. Dies sei ein „ganz massiver und unverhältnismäßiger Eingriff in die Kommunikation“ und widerspreche allen rechtsstaatlichen Grundsätzen, sagt er der dpa.

Jennissen befürchtet, dass auf Grundlage eines Generalverdachts sogar in verschlüsselte Kommunikation eingegriffen werden könnte. Johansson hat dagegen bereits deutlich gemacht, was für sie schwerer wiegt: Natürlich seien Datenschutz und Verschlüsselung wichtig, sagte sie der „Welt am Sonntag“. „Aber der Fokus muss in erster Linie auf dem Schutz der Kinder liegen.“ Anstelle eines Gesetzes, das womöglich gerichtlich gekippt werde, brauche es mehr Prävention und eine bessere Ausstattung der Behörden, fordert dagegen Jennissen.

Auch der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner betont, der Kampf gegen Kinderpornografie dürfe nicht als Vorwand missbraucht werden, „um eine noch nie dagewesene Zerstörung unserer Privatsphäre“ zu rechtfertigen. „Die Chatkontrolle wäre eine anlasslose Massenüberwachung.“ Auch Körner fordert eine bessere Ausstattung der Polizei, der EU-Behörde Europol und mehr Kooperation der EU-Staaten.

Für eine weitgehende Filter-Pflicht setzt sich etwa die US-Stiftung Thorn zum Schutz von Kindern ein. Thorn entwickelt selbst Filter, die nicht nur bekanntes Missbrauchsmaterial finden, sondern auch neues. Zudem arbeitet die Stiftung an einem Instrument zum Aufspüren von Grooming. „Unternehmen müssen rechtlich befugt sein, zielgerichtete digitale Technologien einzusetzen, um die virale Verbreitung von sexuellem Kindesmissbrauchsmaterial auf ihren Plattformen zu unterbinden“, fordert Thorn.

Quelle: https://www.heise.de/news/Kinder-oder-Datenschutz-Was-tun-im-Kampf-gegen-Kinderpornografie-7078712.html


CHATKONTROLLE:CCC warnt vor „fundamental fehlgeleiteter Technologie“

Am Mittwoch, dem 11. Mai 2022 veröffentlicht die EU-Kommission voraussichtlich den Gesetzesentwurf zur sogenannten Chatkontrolle. Geplant ist eine KI-basierte Prüfung aller Nachrichteninhalte und Bilder direkt auf unseren Geräten.

https://www.ccc.de/de/updates/2022/eu-kommission-will-alle-chatnachrichten-durchleuchten

Die EU-Kommission will in Kürze ihre Pläne zur Chatkontrolle vorlegen. Das stößt weiter auf scharfe Kritik von Internetaktivisten wie dem CCC.

Der Chaos Computer Club (CCC) warnt eindringlich vor der Gefahren der sogenannten Chatkontrolle auf den Endgeräten der Nutzer. „Dieses Client-Side-Scanning wäre nicht die erste überzogene und fehlgeleitete Überwachungsmethode, die mit dem Kampf gegen Kindesmissbrauch begründet wird“teilte die Hackerorganisation am 9. Mai 2022 mit.

Das massenhafte Scannen greife nicht nur vertrauliche Kommunikation an ihren Grundfesten an, sondern sei obendrein unwirksam. Kriminelle nutzten bereits heute Verbreitungswege, die von diesen Scans nicht betroffen wären. Der CCC kommt zu dem Schluss: „Die Chatkontrolle ist als fundamental fehlgeleitete Technologie grundsätzlich abzulehnen.“

Hintergrund des Statements sind Pläne der EU-Kommission, den Anbietern von Mail- und Messengerdiensten dauerhaft die Durchleuchtung von Nutzerinhalten zu ermöglichen. Im Juli 2021 billigte das Europaparlament eine vorläufige Verordnung, die zunächst für drei Jahre gilt.

Die EU-Kommission will den Entwurf am 11. Mai 2022 vorlegen. Er könnte jedoch deutlich weiter als die aktuelle Regelung gehen. Das betrifft vor allem die Möglichkeit, verschlüsselte Inhalte, wie sie bei Messengerdiensten wie Whatsapp oder Signal versendet werden, zu überprüfen. Diskutiert wird beispielsweise ein Zweitschlüssel („Exceptional Access“), mit dem Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste auf die dann nicht mehr Ende-zu-Ende-verschlüsselten Inhalte zugreifen könnten.

Als Alternative wird vorgeschlagen, dass die Inhalte mit einer Art Uploadfilter auf dem Smartphone oder Computer des Benutzers analysiert und je nachdem an Behörden ausgeleitet werden. Auch damit würde die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgehebelt.

CCC: Grundrechte werden außer Kraft gesetzt

Ein solches Konzept zerstört nach Ansicht des CCC die Möglichkeit einer vertrauenswürdigen Kommunikation. Denn dazu müsse das eigene Gerät integer sein und dürfe Inhalte nicht an Dritte weitergeben. Zudem müsse die Verschlüsselung sicher sein, so dass nicht dem Netz vertraut werden müsse. „Mit dem Fernmeldegeheimnis und dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme setzt die Chatkontrolle gleich zwei fundamentale Grundrechte außer Kraft“, kritisiert die Hackervereinigung.

Darüber hinaus sei bisher nicht klar, wer die Erkennungsalgorithmen und -datenbanken definieren und kontrollieren solle. „Ein derart intransparentes System kann und wird nach seiner Einführung leicht erweitert werden. So ist schon heute absehbar, dass sich die Rechteverwertungsindustrie für das System ebenso brennend interessieren wird wie demokratiefeindliche Regierungen“, heißt es weiter. Umso erschreckender sei, „mit welcher Arglosigkeit es nun eingeführt werden soll“.

Der CCC befürchtet zudem, dass die künstliche Intelligenz zu Detektion von Missbrauchsbildern auch Fotos fälschlicherweise als illegal markieren wird. Kleinste Fehlerquoten würden zu großen Mengen an falsch erkannten und ausgeleiteten Nachrichten führen: „Allein in Deutschland werden weit mehr als eine halbe Milliarde Nachrichten pro Tag versendet. Auch enorm ‚gute‘ Erkennungsraten würden zur Ausleitung mehrerer Tausend Nachrichten pro Tag führen“, heißt es in der Stellungnahme. 

Quelle: https://www.golem.de/news/chatkontrolle-ccc-warnt-vor-fundamental-fehlgeleiteter-technologie-2205-165187.html

Strengere Regeln für Internetkonzerne: Was das neue EU-Digitalgesetz besagt

Kriegspropaganda, Lügen, Hass und Hetze – von all dem soll es im Internet bald weniger geben. Die EU hat sich auf ein wegweisendes Gesetz verständigt.


Mit dem Digitalgesetz will die EU „einen beispiellosen neuen Standard“ für die Verantwortung von-Plattformen für illegale und schädliche Inhalte festlegen.

Der Kompromiss zu den vielbeachteten Plänen für ein „Grundgesetz fürs Internet“, das globale Standards für die Regulierung großer Tech-Konzerne setzen soll, steht. Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Ministerrats und der Brüsseler Kommission haben sich in der Nacht zum Samstag nach einer knapp 16-stündigen Marathonrunde auf einen Kompromiss für den Digital Services Act (DSA) verständigt.

Laut der zunächst in Grundzügen getroffenen Übereinkunft sollen Behörden aller Art künftig Host-Providern ohne Richtervorbehalt grenzüberschreitende Anordnungen schicken können, um gegen illegale Inhalte wie strafbare Hasskommentare, Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs oder die unautorisierte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke vorzugehen. Betroffene Plattformen müssen solche Angebote dann „ohne unangemessene Verzögerung“ sperren oder blockieren und bei schweren Straftaten zudem der Polizei melden.

In einem grenzüberschreitenden Kontext soll mit dem Gesetz für digitale Dienste die Wirkung einer Anweisung gegen illegale Inhalte in der Regel auf das Hoheitsgebiet des anordnenden EU-Lands beschränkt werden. Die EU-Gremien wollen sicherstellen, dass Nutzern und den betroffenen Firmen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen. Diese sollen die Wiederherstellung von Inhalten einschließen, die fälschlicherweise als rechtswidrig angesehen und entfernt wurden.

Die Bestimmungen beziehen sich auch auf schädliche Inhalte wie Desinformation. Darauf zielen vor allem Auflagen für Empfehlungssysteme ab, die Plattformen etwa in ihren News-Feeds verwenden. Mit dem DSA müssen sie die Funktionsweise der dafür genutzten Algorithmen transparent machen. Ferner sollen sehr große Online-Portale für automatisierte Entscheidungen stärker zur Rechenschaft gezogen werden.

Zu den erfassten digitalen Services gehören Vermittlungsdienste wie Internetprovider und Domain-Registrierstellen. Eingeschlossen sind auch soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube, Twitter und TikTok, E-Commerce-Anbieter sowie Cloud- und Webhoster. Ihre Pflichten variieren je nach Rolle, Größe und Auswirkungen. Für kleine Unternehmen sollen Ausnahmen gelten.

Kernelemente des DSA sind neben Maßnahmen zur Entfernung von Inhalten nach dem Prinzip „Notice and Action“ aktualisierte Haftungsvorschriften und Regeln für personalisierte Reklame. Eine fraktionsübergreifende KoalitionBürgerrechtler sowie Teile des Mittelstands drängten hier auf ein weitgehendes Verbot von „spionierender Werbung“ mit Microtargeting.

So weit geht der Kompromiss nicht. Nutzer sollen damit dem Parlament zufolge aber eine bessere Kontrolle darüber erhalten, wie ihre persönlichen Daten verwendet werden. Gezielte Werbung werde verboten, wenn es um sensible Daten gehe, etwa aufgrund von sexueller Orientierung, Religion und ethnischer Zugehörigkeit. Dies bezieht sich auf Plattformen mit Nutzerinhalten wie Facebook, Instagram oder eBay, nicht aber für Portale mit selbst erstelltem Content wie Nachrichtenseiten. Für Minderjährige gilt „ein vollständiges Verbot“ personalisierter Anzeigen.

Enthalten ist ferner eine Klausel gegen Design-Tricks wie „Dark Patterns“: Online-Plattformen und -Marktplätze sollen Besucher nicht dazu drängen, ihre Dienste zu nutzen, indem sie etwa eine bestimmte Wahlmöglichkeit stärker in den Vordergrund stellen oder den Empfänger durch störende Pop-ups umzustimmen versuchen. Darüber hinaus sollte die Kündigung eines Abonnements für einen Dienst genauso einfach sein wie die Anmeldung.

Marktplätzen wie Amazon oder eBay legen die EU-Gesetzgeber eine Sorgfaltspflicht gegenüber den Verkäufern auf, die Produkte oder Dienstleistungen über ihre Plattformen vertreiben. Sie müssen insbesondere Informationen über die verkauften Produkte und Dienstleistungen sammeln und anzeigen, um sicherzustellen, dass die Verbraucher angemessen informiert werden.

Derzeit knapp 30 sehr große Online-Plattformen, die über 45 Millionen EU-Bürger erreichen, müssen Risikoabschätzungen durchführen und ausgemachte Gefahren etwa für die Demokratie, die öffentliche Sicherheit, die Grundrechte und den Jugendschutz minimieren. Sie sollen ihre Daten und Angaben zu Algorithmen mit Behörden, Forschern und zivilgesellschaftlichen Organisationen teilen, damit ihre Arbeitsweise überprüft und ein Lagebild erstellt werden kann. Internetriesen wie Google und Facebook müssen auch eine öffentliche verfügbare Datenbank einrichten mit Informationen darüber, wer über ihre Werbenetzwerke wann mit welcher Anzeige angesprochen wurde.

Entdeckt eine sehr große Plattform Deepfakes, also manipulierte Bild-, Audio- oder Videoinhalte zum täuschend echten Nachahmen einer Person, muss sie diese entsprechend kennzeichnen. Solche Netzwerke sollen auch ein alternatives Empfehlungssystem anbieten, das nicht auf Profiling basiert.

Im Kontext der „russischen Aggression in der Ukraine und den besonderen Auswirkungen auf die Manipulation von Online-Informationen“ fügten die Verhandlungsführer dem Text eine Klausel hinzu, die einen Krisenreaktionsmechanismus einführt. Dieser soll von der Kommission auf Empfehlung des geplanten Gremiums der nationalen Koordinatoren für digitale Dienste aktiviert werden. Ziel ist es, die Auswirkungen der Aktivitäten von sehr großen Plattformen auf die entsprechende Krise zu analysieren und über „verhältnismäßige und wirksame Maßnahmen zu entscheiden, die zur Wahrung der Grundrechte zu ergreifen sind“.

Das Parlament drängte auch auf einen Artikel zum bildbasierten sexuellen Missbrauch auf Porno-Plattformen. Nutzer sollten Bilder, Videos oder Texte auf Erotik-Portalen wie Pornhub und xHamster erst hochladen dürfen, wenn sie beim Betreiber eine E-Mail-Adresse und Mobilfunknummer hinterlegt haben. Sexarbeiterinnen waren dagegen, da sie um die Anonymität und den Datenschutz besonders verletzlicher Gruppen im Netz fürchteten. Laut dem EU-Abgeordneten Patrick Breyer (Piratenpartei) konnte „das wahllose Sammeln der Handynummern“ verhindert werden. Kommen wird aber etwa ein einfacher Meldemechanismus für „Rachepornos„.

Halten sich Unternehmen nicht an die Vorschriften, können die Sanktionen bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes ausmachen. Auf Basis der Zahlen von 2021 betrüge die Höchststrafe für Amazon etwa bis zu 26 Milliarden Euro. Um eine wirksame und einheitliche Durchsetzung der Vorgaben zu gewährleisten, soll die Kommission ausschließlich für die Aufsicht über sehr große Plattformen zuständig sein, dabei aber mit den EU-Staaten zusammenarbeiten. Der neue Mechanismus behält laut dem Rat das Herkunftslandprinzip bei, wonach das Recht des Staates gilt, an dem ein Unternehmen seinen Hauptsitz in der EU hat.

Der vereinbarte Text muss noch finalisiert und überprüft werden, bevor das Parlament und der Rat ihre förmliche Zustimmung erteilen können. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, wird der DSA 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten. Die Vorschriften werden dann nach 15 Monaten – spätestens Anfang 2024 – direkt greifen. Eine nationale Umsetzung der Verordnung in den Mitgliedsstaaten ist nicht erforderlich. Damit werden hierzulande auch Teile des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ersetzt.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) feierte die erzielte Einigung als „historisch“. Pirat Breyer hält dagegen: „Die Bezeichnung ‚digitales Grundgesetz‘ verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht, denn der enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz“. Die Privatsphäre werde weder durch ein Recht auf anonyme Internetnutzung noch durch eines auf Verschlüsselung, durch ein Verbot von Vorratsdatenspeicherung oder ein Recht zur Ablehnung von Überwachungswerbung im Browser („Do not track“) geschützt. Völlig legale Berichte und Informationen könnten gelöscht werden.

Ex-US-Präsidentschaftskandidatin Hilary Clinton hatte am Donnerstag getwittert: „Viel zu lange haben Technologieplattformen Desinformation und Extremismus verbreitet, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die EU ist jetzt bereit, etwas dagegen zu tun.“ Sie forderte „unsere transatlantischen Verbündeten“ daher auf, den DSA „über die Ziellinie zu bringen und die globale Demokratie zu stärken, bevor es zu spät ist“. Ähnlich hatte sich Ex-US-Präsident Barack Obama geäußert und Gesetzesanpassungen in den USA gefordert.

Zu dem Digitalpaket der EU gehört auch der Digital Markets Act (DMA), der neue Wettbewerbsinstrumente zum Einhegen marktmächtiger Plattformen mit sich bringt. Über die Prinzipien dieser Verordnung hatten sich die EU-Gremien schon im März verständigt.

Quelle: https://www.heise.de/news/Digital-Services-Act-EU-Gremien-einigen-sich-auf-Plattform-Grundgesetz-7063141.html


Mit einem neuen Gesetz will die EU Internetkonzerne dazu verpflichten, künftig schneller und besser gegen Hetze, Desinformation und gefälschte Produkte vorzugehen. Was das konkret bedeutet und für wen es gilt – ein Überblick.

Nach einem letzten Verhandlungsmarathon haben sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments auf ein Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz DSA) geeinigt. Es soll für eine strengere Aufsicht von Online-Plattformen und mehr Schutz der Verbraucher sorgen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach mit Blick auf die Regelungen von einer historischen Einigung. Was das Gesetz genau besagt und wie es nun weitergeht – ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Regelungen.

Für wen soll das Gesetz gelten?

Grundsätzlich sollen die neuen Regeln für digitale Dienste gelten, die Vermittler sind und Verbrauchern Zugang beispielsweise zu Waren und Inhalten ermöglichen. Die EU will aber besonders die sehr großen Onlinekonzerne stärker regulieren. Als sehr groß gelten Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzern. Das sind potenziell rund 20 Unternehmen, darunter Google mit dem Tochterkonzern YouTube, Meta mit Facebook und Instagram, Microsoft mit seinem sozialen Netzwerk LinkedIn, Amazon, Apple und Twitter. Diese großen Dienste müssen mehr Regeln befolgen als kleine. Für Unternehmen mit weniger als 45 Millionen aktiven Nutzern im Monat wird es Ausnahmen geben.

Was besagt das Gesetz konkret?

Ziel sind verbindliche Regeln für das Internet nach dem grundsätzlichen Prinzip: Was offline illegal ist, soll es auch online sein. Das gilt etwa für Hassrede und Terrorpropaganda, aber auch für gefälschte Produkte, die auf Online-Marktplätzen verkauft werden. Für die Plattformen heißt das, dass sie mehr Verantwortung dafür übernehmen sollen, was bei ihnen passiert.

Regelungen gegen Hass und Hetze im Netz

So gilt grundsätzlich, dass die Unternehmen illegale Inhalte wie Hassrede, Gewaltaufrufe oder Terrorpropaganda zügig entfernen müssen, wenn sie darüber informiert werden. Richtwert sind 24 Stunden. Nutzer sollen derlei Inhalte einfach melden können. Auch sollen sie die Möglichkeit haben, die Lösch-Entscheidungen der Plattformen anzufechten und Entschädigung zu fordern. Onlineplattformen sollen zudem Nutzerinnen und Nutzer sperren, die häufig illegale Inhalte wie Hassreden oder betrügerische Anzeigen verbreiten. Dies soll für eine Vielzahl von Plattformanbietern gelten, nicht nur für die größten wie Instagram, Facebook und YouTube.

Zugleich soll das Gesetz sicherstellen, dass Meinungsfreiheit grundsätzlich geschützt bleibt. So soll ein Unterschied gemacht werden zwischen illegalen Inhalten und solchen, die zwar schädlich sind, aber unter die Meinungsfreiheit fallen.

Werbeanzeigen, Algorithmen und Fälschungen

Große Plattformen sollen ihren Nutzern künftig mehr Einfluss dabei einräumen, welche Werbeanzeigen ihnen angezeigt werden. Sensible Daten wie religiöse Überzeugungen, sexuelle Orientierung oder politische Ansichten dürfen nur begrenzt für gezielte Werbung genutzt werden. Minderjährige sollen grundsätzlich keine personalisierte Werbung mehr bekommen.

Soziale Netzwerke müssen ihre Empfehlungsalgorithmen transparenter machen und den Nutzern Wahlmöglichkeiten bieten. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sollen sie die wichtigsten Parameter dazu veröffentlichen. Nutzerinnen und Nutzer sollen in den AGB auch erfahren, wie sie diese ändern können. An den meist geheimen Empfehlungsalgorithmen gibt es immer wieder Kritik. Die ehemalige Facebook-Angestellte Frances Haugen etwa kritisierte, dass Facebook aus Profitinteresse bewusst Algorithmen einsetze, die polarisierende Inhalte fördern. 

Sogenannte „dark patterns“, also manipulative Design-Praktiken, sollen künftig verboten werden. Diese nutzen manche Unternehmen, um Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu drängen. Auch sonst werden irreführende Benutzeroberflächen – etwa bei der Cookie-Auswahl – weitgehend verboten. Marktplätze werden zudem künftig dazu verpflichtet, Anbieter zu überprüfen, damit weniger gefälschte Produkte im Netz landen.

Krisenmechanismus zu Krieg, Pandemie und Terror

Neu ist zudem ein Krisenmechanismus, den die EU-Kommission wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine nachträglich vorgeschlagen hatte. Dieser soll in Fällen wie Krieg, Pandemie oder Terror die Auswirkungen von Manipulation im Netz begrenzen. Die EU-Kommission kann den Mechanismus auf Empfehlung des Gremiums der nationalen DSA-Koordinatoren auslösen und dann über Maßnahmen der sehr großen Dienste entscheiden. Online-Plattformen könnten etwa gezwungen werden, Informationen an Aufsichtsbehörden und Experten abzugeben.

Was passiert bei Verstößen?

Bei Verstößen drohen den Unternehmen Bußgelder von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Laut der Nachrichtenagentur Reuters könnten das bei Facebook – gemessen am Umsatz von knapp 118 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr – bis zu sieben Milliarden Dollar sein. Bei wiederholten Verstößen könnte Firmen demnach sogar verboten werden, in der EU Geschäfte zu machen. Außerdem soll ein Zwangsgeld von fünf Prozent des Tagesumsatzes verhängt werden können, um einen Verstoß gegen den DSA zu beenden.

Wie will die EU ihre Regeln durchsetzen?

Die sehr großen Digitalkonzerne sollen der EU-Kommission Zugang zu ihren Daten gewähren, damit sie die Einhaltung der Regeln beaufsichtigen kann. Bei den kleineren Internetfirmen soll eine zuständige Behörde mit Ermittlungs- und Sanktionsbefugnissen in dem jeweiligen EU-Land, in dem die Firma ihren Hauptsitz hat, die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Für Deutschland ist noch nicht geklärt, welche Behörde das übernimmt. Infrage kommen etwa die Bundesnetzagentur und die Landesmedienanstalten.

Wie wirken sich die Regeln auf das deutsche NetzDG aus?

Schon vor Jahren war Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von Straftaten und Hassrede im Internet vorgeprescht. Dieses dürfte durch den DSA nun hinfällig werden – auch, wenn das EU-Gesetz etwa bei den Löschfristen hinter dem deutschen Gesetz zurückbleibt. Insgesamt hat der DSA jedoch einen deutlich größeren Geltungsbereich. Das zuständige Bundesverkehrsministerium teilte inzwischen mit, dass ein Digitale-Dienste-Gesetz erarbeitet werden solle und die bestehenden nationalen Gesetze umfänglich überarbeitet werden müssten.

Wie geht es nun weiter?

Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen den Deal noch einmal formell bestätigen. Nach Inkrafttreten ist noch eine Übergangsfrist von 15 Monaten vorgesehen. Für die sehr großen Plattformen und Suchmaschinen sollen die Regeln nach Angaben der EU-Kommission bereits vier Monate, nachdem sie geschaffen worden sind, gelten.

Digitale Dienste: EU einigt sich auf Regeln für Internetkonzerne

Quelle: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/digitalgesetz-eu-101.html

„Destination Earth“: Mit Erdzwillingen gegen den Klimawandel – EU beauftragt digitale Kopien der Erde

Für 150 Millionen Euro lässt die Europäische Union zwei digitaler Abbilder der Erde entwickeln, um Naturkatastrophen und den Klimawandel simulieren zu können.

(Bild: ESA)

Mehrere europäische Organisationen haben das Projekt „Destination Earth“, das unter anderem die Erschaffung zweier digitaler Zwillinge der Erde vorsieht, offiziell ins Leben gerufen. Damit wollen die EU-Kommission, die ESA, das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage und Eumetsat Veränderungen der Umwelt nicht nur beobachten, sondern künftig auch besser vorhersagen können. Die dabei gesammelten Informationen sollen zunächst dem öffentlichen Sektor in Europa, später aber auch der Wissenschaft und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Das System soll bis Ende 2024 mehrere Komponenten enthalten, darunter auch die beiden digitalen Kopien der Erde. Die EU lässt sie sich 150 Millionen Euro kosten.

„Destination Earth“ oder „DestinE“ mache klar, dass der Klimawandel nicht ohne digitale Technologie bekämpft werden könne, meint EU-Kommissarin Margrethe Vestager. Die digitale Modellierung solle etwa „größere Umweltschäden mit bisher unerreichter Zuverlässigkeit“ vorhersagen. Ihr Kollege Thierry Breton ergänzt, dass Europa damit seine Trümpfe ausspiele und Kompetenzen bei KI, Cloud-Computing und bei Hochgeschwindigkeitsnetzen mit den erfolgreichen Erdbeobachtungsprogrammen der Europäischen Weltraumagentur und Supercomputern kombiniere. Beginnen soll die Arbeit an den Komponenten nun mit den ersten Ausschreibungen. Die Wissenschaft und die Politik sollen sich über ein Wiki und öffentliche Workshops beteiligen, „um sicherzustellen, dass das System dem tatsächlichen Bedarf“ entspricht.

Destination Earth – new digital twin of the Earth will help tackle climate change and protect nature

Geplant sind im Rahmen des Programms eine sogenannte „Kerndienstplattform“ auf der Anwendungen und Dienste bereitgestellt werden sollen. Hinzu kommt ein sogenannter „Data Lake“, auf dem die Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (Eumetsat) Daten aus verschiedensten Quellen sammeln soll, etwa zur Luftverschmutzung, zum Internet der Dinge, zu Erdbeben oder zu sozioökonomischen Faktoren. Darauf aufbauend soll das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) zwei digitale Abbilder der Erde erstellen, die auf Echtzeitdaten und Simulationen beruhen. Ein digitaler Zwilling soll wetterbedingte und geophysikalische Gefahren simulieren und etwa im Falle von Überschwemmungen beim Testen von Maßnahmen helfen. Der zweite soll bei der Anpassung an den Klimawandel helfen.

Quelle: https://www.heise.de/news/Destination-Earth-Digitale-Erdzwillinge-sollen-Europa-im-Klimawandel-helfen-6658782.htm


Kampf gegen den Klimawandel: EU beginnt mit Entwicklung des digitalen Zwillings der Erde

Die EU will einen digitalen Zwilling der Erde entwickeln und so die Bekämpfung des Klimawandels unterstützen. Heute (Donnerstag) hat die EU-Kommission gemeinsam mit verschiedenen Partnern den Startschuss für die sogenannte Initiative „Destination Earth“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN••• gegeben. Bis Mitte 2024 werden zunächst 150 Mio. Euro aus dem Programm „Digitales Europa“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN••• dafür bereit gestellt. „Destination Earth wird unser Verständnis des Klimawandels verbessern und Lösungen auf globaler, regionaler und lokaler Ebene ermöglichen. Bei dieser Initiative wird eindeutig klar, dass wir den Klimawandel nicht ohne digitale Technologien bekämpfen können“, sagte die Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager. Größere Umweltschäden würden mit bisher unerreichter Zuverlässigkeit vorhergesagt werden.

Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton fügte hinzu: „Mit Destination Earth spielen wir Europas Trümpfe aus. Wir kombinieren unsere Ressourcen – von der künstlichen Intelligenz über Cloud-Computing und Hochgeschwindigkeitsnetze bis hin zu unserem erfolgreichen Copernicus-Erdbeobachtungsprogramm und unseren weltweit führenden EuroHPC-Supercomputern – und werden so dazu beitragen, unsere Zukunft zu sichern und zu schützen.“

Der digitale Zwilling der Erde wird helfen, natürliche Vorgänge und menschliche Aktivitäten zu beobachten, zu modellieren und vorherzusagen und Szenarien für eine nachhaltigere Entwicklung zu entwickeln und zu testen. Hochwertige Informationen, digitale Dienste, Modelle, Szenarios, Prognosen und Visualisierungen werden zunächst Nutzern des öffentlichen Sektors und später der wissenschaftlichen Gemeinschaft, dem Privatsektor und der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Ein hochpräzises digitales Modell der Erde

Die Kommission, die Europäische Weltraumorganisation (ESA), das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) und die Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) werden „Destination Earth“ in mehreren Schritten aufbauen und zunächst eine zentrale Plattform für digitale Replikate von Erdsystemen und Naturphänomenen („digitale Zwillinge“) einrichten.

Bis Ende 2024 wird das System DestinE Folgendes umfassen:

  • eine von der ESA betriebene Kerndienstplattform, auf der Entscheidungshilfen, Anwendungen und Dienste auf einem offenen, flexiblen und sicheren Cloud-gestützten Computersystem bereitgestellt werden
  • den von EUMETSAT betriebenen Data Lake, der Speicherraum und einen nahtlosen Zugang zu den Datensätzen bieten wird. Dieser „Datensee“ wird auf bestehenden wissenschaftlichen Datensätzen wie den Daten- und Informationszugangsdiensten des Copernicus-Programms (DIASDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••) aufbauen und durch andere Nichtgeodaten wie sensorgestützte Umweltdaten und sozioökonomische Daten ergänzt
  • vom ECMWF entwickelte digitale Zwillinge, die Daten aus Echtzeitbeobachtungen und Simulationen kombinieren:
    • Beim digitalen Zwilling wetterbedingter und geophysikalischer Gefahren wird der Schwerpunkt auf Überschwemmungen, Dürren, Hitzewellen und geophysikalischen Phänomenen wie Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Tsunamis liegen. Dieser digitale Zwilling wird beispielsweise im Falle von Überschwemmungen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften helfen, Maßnahmen zu testen, die Leben retten und Sachschäden verringern können
    • Der digitale Zwilling für die Anpassung an den Klimawandel bietet Beobachtungs- und Simulationskapazitäten und wird so Tätigkeiten und Szenarien zur Eindämmung des Klimawandels unterstützen. Informationen aus Bereichen wie nachhaltige Landwirtschaft, Energieversorgungssicherheit und Schutz der biologischen Vielfalt werden helfen, CO2-Neutralität zu erreichen.

Nächste Schritte

Die drei betrauten Stellen werden im Frühjahr 2022 Ausschreibungen für den Erwerb verschiedener Komponenten für das System „Destination Earth“ veröffentlichen.

Mitgliedstaaten und assoziierte Länder werden nicht nur über den Programmausschuss „Digitales Europa“, sondern auch über die Koordinierungsgruppe „Destination Earth“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE••• einbezogen.

Der Strategische BeiratDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE••• wird unabhängiges wissenschaftliches und technisches Fachwissen zur Verfügung stellen. Beide Expertengruppen werden ihre Tätigkeit im ersten Quartal 2022 aufnehmen.

Auch Wissenschaft und Politik werden sich über einen Wissenschafts-Wiki und öffentliche Workshops an der Initiative beteiligen können, um sicherzustellen, dass das System dem tatsächlichen Bedarf der Nutzer entspricht und die umfassenderen Bedürfnisse und Kenntnisse der Interessenträger widerspiegelt.

Weitere Informationen:

Vollständige Pressemitteilung vom 31. MärzDiesen Link in einer anderen Sprache aufrufenDE•••

Webseite „Destination Earth“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Broschüre „Destination Earth“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Factsheet „Destination Earth“Diesen Link in einer anderen Sprache aufrufenEN•••

Video „Destination Earth“

Quelle: https://germany.representation.ec.europa.eu/news/kampf-gegen-den-klimawandel-eu-beginnt-mit-entwicklung-des-digitalen-zwillings-der-erde-2022-03-31_de

Die Chatkontrolle von Ylva Johansson ist super!-Ja zur Chatkontrolle EU-Abgeordnete!

Messenger wie Signal und Whatsapp sollen dazu verpflichtet werden, Chats nach problematischen Inhalten zu durchsuchen. Vorschlag soll Ende März offiziell präsentiert werden.

Die geplante Chatkontrolle finde ich großartig. Super! Ich freue mich schon auf ende März das der Vorschlag präsentiert wird. Mal schauen was kommen mag. Ich bin ein absoluter Befürworter der „Durchsuchung“ Digitaler Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Automatisiert.

Das Email-Dienste sowie Messenger wie Signal und Whatsapp verpflichtet werden sollen, Chats nach problematischen Inhalten zu durchsuchen ist super. Mit Künstlicher Intelligenz (KI) wäre toll.

Es braucht eine automatische durch Künstliche Intelligenz (KI) kontrollierte Durchsuchung nach problematischen Inhalten der Kommunikation aller EU-Bürger. Für die Freiheit und Sicherheit im Netz! Email-Anbieter, Messenger-Dienste, Provider usw. müssen dazu gezwungen werden die Maßnahmen der Chatkontrolle technologisch umzusetzen.

Die bedenken von Bürgerrechtsorganisationen und Abgeordnete wie Patrick Breyer sind falsch und unbegründet. Meine digitale Kommunikation und die mit denen ich digital kommuniziere würden von Künstlicher Intelligenz unbehelligt bleiben. Eine Künstlicher Intelligenz bei der Justiz würde mich als Friedliebenden Bürger einschätzen mit Ecken und Kanten (nicht immer konform) in der Kommunikation von dem aber dennoch keine Straftaten und Störung des öffentlichen frieden zu erwarten sind. Andere Burschen im Netz müssten da schon mehr die Zähne klappern vor Angst.

Finde es zum Beispiel ganz furchtbar wie Bürgerrechtsorganisationen und Abgeordnete mein „Digitales Recht“ vor Frau Ylva Johansson und der EU-Kommission als Vorwand missbrauchen, nur um Kriminelle zu schützen und die Chatkontrolle zu stoppen. Die „Gegner“ tun so als würden Sie mich und alle EU-Bürger/rinnen vor der EU-Kommission vertreten, das schmeckt mir überhaupt nicht.

Welches recht nehmen sich die EU-Bürgerrechtsorganisationen und abgeordnete wie Patrick Breyer eigentlich um vor Frau Ylva Johansson und der EU-Kommission mein „Digitales Recht“ in der digitalen Welt zu verteidigen. Die sorgen und Ängste der EU-Bürgerrechtsorganisationen und Patrick Breyer sind nämlich nicht meine.

Mit einer sogenannten angeblichen repräsentativ Umfrage hate letzteres ja schon mal Stimmung im Netz gemacht. Damen und Herren der EU-Kommission und Frau Ylva Johansson, EU-Bürger wie ich die für die Chatkontrolle sind bzw. für Automatisierten Kontrolle durch KI in der Digitalen Kommunikation, werden gar nicht wo so einer Umfrage erfasst.

Ich brauche keine EU-Bürgerrechtsorganisationen und Abgeordnete die mit meinen „Digitalem Recht“ ihren „Ängsten“ und „Kriminelle Schützen“ vor die EU-Kommission treten um die Chatkontrolle zu stoppen.

EU-Bürgerrechtsorganisationen und Abgeordnete die gegen die Chatkontrolle sind brauchen meiner Meinung nach dringend Psychologische Hilfe sowie eine Therapie da man sich nicht an eine wandelnde Digitale Welt anpassen kann und es auch nicht möchte. Es kann nicht sein das solche Menschen ein tolles vorhaben wie die Chatkontolle stoppen/Blockieren und bei EU-Bürgern/innen unbegründete Ängste schnüren/hervorrufen. Schlimmer noch kriminelle EU-Bürger versuchen zu schützen nur weil sie sich Gegner irgendwelche Phantasien zusammen reimen, bedenken gegen die Chatkontrolle die total unbegründet sind. Mal ganz ehrlich die EU-Bürger/rinnen werden granichts davon mit bekommen das vielleicht eine Künstliche Intelligenz (KI) im Hinderung mitliest. Alle sorgen sind total unbegründet.

Das ich die Chatkontrolle gut und richtig finde hab ich selber in einem schreiben verfasst, da ich durchaus selber mein willen vor der EU-Kommission kundtun kann und nicht von Chatkontroll-Gegner die mein „Digitales recht“ für ihrer einenge Sache rauben/missbrauchen. Sehe ich garnicht ein das ich die hier einfach zum Ziel durlaufen lassen soll, Gegenwind muss in diesem wichtigen vorhaben sein.

Ich hoffe das die Chatkontrolle ein Erfolg wird und schnell in kraft treten kann. Erstmal bin ich aber voller Vorfreude auf den Vorschschlag und gespannt was da kommt. Umstimmen können mich Gegner als größten Befürworter der Chatkontolle nicht. Ich sehe da überhaupt keine Nachteile für die EU-Bürger/rinnen sondern nur Vorteile! Ganz klares und großes Jaaa zur Chatkontrolle!

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Neben dem Digital Services Act eine tolle Sache. Ich hab da überhaupt keine bedenken: Jaaa zur Chatkontrolle! Es braucht eine automatische durch Künstliche Intelligenz (KI) kontrollierte Durchsuchung nach problematischen Inhalten der Kommunikation aller EU-Bürger Jaaaa! Email-Anbieter, Messenger-Dienste, Provider usw. müssen dazu gezwungen werden die Maßnahmen der Chatkontrolle technologisch umzusetzen. Die Chatkontrolle von Ylva Johansson ist super!-Ja zur Chatkotrolle EU-Abgeordnete! Für die Freiheit und Sicherheit im Netz!

Europäische Weltraumorganisation: ESA-Chef plädiert für eigene europäische Bemannte-Raumschiffe

Josef Aschbacher, Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation Esa

ESA-Chef Josef Aschbacher beklagt vor dem Weltraum-Gipfel in Toulouse ein zu kleines Budget: „Wir müssen immer mit anderen mitfliegen“.

Der Chef der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Josef Aschbacher, plädiert für die Entwicklung europäischer Raumschiffe. Die USA, Russland, China und bald auch Indien hätten alle eigene Raumschiffe, sagte Aschbacher am Dienstag in einer Video-Pressekonferenz. „Wir haben keine und müssen immer mit anderen mitfliegen“, betonte er. Er zeigte sich zuversichtlich, dass auf einem europäischen Weltraum-Treffen in Toulouse im Februar entsprechende politische Entscheidungen getroffen würden.

Die Raumfahrtnationen hätten die Möglichkeit, „die nächsten Grenzen und die nächste Wirtschaftszone zu erforschen, also den Mond und darüber hinaus“, sagte Aschbacher. Es sei erstaunlich, dass Europa, das im 15. Jahrhundert eine Pionierrolle gehabt habe, heute nicht mehr mithalten könne. „Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Wir haben nicht genug Geld“, sagte Aschbacher.

Das Budget der ESA für die Erkundung des Weltalls betrug im vergangenen Jahr 735 Millionen Euro. Das entspricht etwa sieben Prozent der Summe, die die Nasa zur Verfügung hat. Die ESA, die 22 Mitgliedstaaten umfasst, plant für den 16. Februar in Toulouse einen Weltraum-Gipfel, im Anschluss an ein Treffen der zuständigen EU-Minister, auf dem auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Rede halten will.

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer war im November in einer Raumkapsel der privaten Raumfahrtfirma SpaceX zur ISS geflogen.

Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/news/esa-chef-plaediert-fuer-eigene-europaeische-raumschiffe-li.206851

Europäische WeltraumkonferenzBraucht Europa ein eigenes Astronauten-Taxi?

Bislang sind europäische Astronauten auf Mitflug-Gelegenheiten bei den Amerikanern und Russen angewiesen, um in den Orbit zu kommen. Josef Aschbacher, der neue Generaldirektor der ESA, will das ändern. Er fürchtet, dass Europa bei der bemannten Raumfahrt sonst den Anschluss verliert.

Bislang starten Europas Ariane-Raketen immer ohne Astronauten an Bord.
Bislang starten Europas Ariane-Raketen immer ohne Astronauten an Bord. (AFP / Jody Amiet)

Der gestrige Auftritt von Anna Christmann bei der Europäischen Weltraumkonferenz in Brüssel war wortreich: Die Politikerin der Grünen und frisch ernannte Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt betonte, wie wichtig Satelliten für die Beobachtung des Klimawandels oder eine sichere Kommunikation sind. Josef Aschbacher, der Generaldirektor der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, war mit einer ganz anderen Frage nach Brüssel gekommen: Ihm geht es um die Zukunft der astronautischen Raumfahrt – und die Weichenstellungen, die dafür nötig sind.

„Was macht Europa?“

„Wenn man in die nächste Dekade schaut, das heißt die 2030er Jahre, dann stellt sich die große Frage: Wie geht es weiter? Die internationale Raumstation ISS in der heutigen Form, wird es ja dann nicht mehr geben. Aber es ist auch bereits angekündigt worden, dass nachher kommerzielle Firmen Raumstationen oder Dienstleistungen der Raumstation anbieten sollen. Zumindest ist das der Wunsch der NASA. Und die Frage ist: Was macht Europa?“

In den letzten Jahrzehnten hat die ESA eher wenig in die bemannte Raumfahrt investiert. In ihrem Budget sind momentan nur 13 Prozent für menschliche und robotische Exploration im All vorgesehen. Dieses Geld wird zu großen Teilen für die europäische Beteiligung an der Internationalen Raumstation ausgegeben, für das in Bremen entwickelte Columbusmodul der ISS oder die ATV-Weltraumfrachter.

Die ESA als Junior-Partner der NASA – das reicht nicht mehr

ESA-Astronaut Alexander Gerst, der 2018 drei Monate das Kommando an Bord der ISS hatte, betonte bei der Konferenz in Brüssel: Obwohl die Europäer nur mit 8,2 Prozent am amerikanisch geführten Teil der internationalen Raumstation beteiligt sind, habe man stark profitiert: „Wir haben sehr viele wissenschaftliche Ergebnisse daraus abschöpfen können. Und das war in der Vergangenheit eine gute Strategie. Die Sorgen, die wir uns jetzt bei der ESA machen, ist, dass diese Strategie leider nicht so geradlinig weiterführt.“

Europa droht den Anschluss zu verlieren

Zwar fließen schon jetzt einige ESA-Mittel in das Lunar Gateway, die geplanten Raumstation im Mond-Orbit, zu der europäische Astronauten mit der NASA starten sollen. Denn auch hier liefert Europa Equipment als Gegenleistung. Aber Flüge zu neuen kommerziellen Raumstationen im Erdorbit – oder sogar ein kleiner Schritt eines Europäers auf der Mondoberfläche – all das das werde durch das aktuelle Budget der ESA nicht gedeckt, sagt Alexander Gerst: „Wir als Europäer verlieren dann eventuell den Zugang zu all dem Nutzen, den wir aus Exploration und der astronautischen Raumfahrt haben. Die Wissenschaft, die Technologieentwicklung, die internationale Kooperation, die Inspiration, die wir weitergeben.“

Abhängigkeit oder Autarkie

ESA-Chef Josef Aschbacher sieht zwei Lösungen für dieses Problem: Entweder die Europäische Raumfahrtagentur müsste künftig jeden Crewsitz an Bord amerikanischer Raumschiffe bezahlen. Oder sie müsste massiv in Europas Raumfahrtindustrie investieren, damit Europa rasch selbst die Fähigkeit entwickelt, Astronauten ins All zu schicken: „Ich habe nicht die Antwort auf diese Frage. Aber ich will, dass man sich mit der Frage beschäftigt. Das ist meine Pflicht und das will ich natürlich durch meine Aktivitäten erreichen.“

Bald ESA-Generaldirektor? Josef Aschbacher ist bisher der Mann für die Erdbeobachtung
Der Österreicher Josef Aschbacher ist Generaldirektor der ESA. (ESA)

Bemannte Weltraum-Taxis ‚made in Europe‘

Für die zweite Option spräche, dass sich ein kommerzielles Crewprogramm heute günstiger entwickeln ließe als in früheren Jahrzehnten. Die NASA hat das nach dem Ende des Space Shuttle-Programms vorgemacht, unter anderem mit dem Unternehmen SpaceX. Doch die Kosten dürften das Budget der ESA dennoch weit übersteigen.

Die deutsche Bundesregierung arbeitet noch bis Jahresende an ihrem Zukunftskonzept für die Raumfahrt. Josef Aschbacher hofft dagegen schon auf den Februar: Dann nämlich möchte er auf einem gemeinsamen Gipfel von ESA-Ministerrat und Europäischer Kommission zumindest den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie erhalten, für europäische Raketenstarts mit Astronauten an Bord.

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/europas-raumfahrtstrategie-100.html


Der Weltraum als Schauplatz des geopolitischen Wettbewerbs (oder der Diplomatie) ist nichts Neues – das war es schon seit dem Wettlauf zum Mond und wurde während des Kalten Krieges fortgesetzt. Sinnbildlich für diese neuere Rasse ist die Bedeutung des Weltraums in unserem Alltag und die Abhängigkeit der Gesellschaft und der Nationen vom Weltraum für Wirtschaft, Technologie, Medizin, Unterhaltung, Kommunikation, Sicherheit, Transport, ich könnte fortfahren. Während die Raumfahrt traditionell eine eigene Domäne, ein eigener Sektor war, wird sie nun immer mehr mit allen anderen Aspekten der Zivilisation und Gesellschaft verwoben. Der Weltraum hat eine enorme geostrategische Bedeutung. Exzellenz im Weltraum spiegelt die weltweite politische und wirtschaftliche Führung wider. Kurz gesagt, eine Nation kann keine Supermacht sein, wenn sie keine Weltraummacht ist.

In den letzten fünf Jahren wurde das gesamte Spielfeld traditioneller Weltraumakteure neu definiert, als die Kommerzialisierung des Weltraums ausbrach, Astronauten mit amerikanischen Nutzfahrzeugen zur Internationalen Raumstation starteten, die Chinesen zum Mond flogen und ihre eigene nationale Raumstation starteten , und Weltraumtourismus wurde mehr als nur ein faszinierendes Konzept. Während neue Weltraumprotagonisten von unerwarteten Orten auftauchten, ging Europa in die entgegengesetzte Richtung, da Wachstum und Innovation nachließen. Darüber hinaus war die Zusammenarbeit zwischen der ESA und der EU auf einem historischen Tiefstand und musste umgedreht werden. Einfach ausgedrückt, der europäische Weltraum gewöhnte sich zu sehr an seinen eigenen Status quo .

Dies war das Umfeld, in dem wir uns befanden, als ich im März 2021 mein Amt antrat, und war letztendlich die Inspiration hinter der Agenda2025 , einer enormen Teamleistung aus allen Ecken der ESA-Belegschaft und der ESA-Mitgliedstaaten, um die Dynamik der europäischen Raumfahrt umzukehren, zu rationalisieren, zu vereinen und zu beschleunigen . Als erstes haben wir uns mit der EU auf einen Neuanfang geeinigt. Wir haben im Laufe der Jahre viele gemeinsame Siege und Erfolge geteilt, aber es gab einige Spannungen, und der Kern dieser Spannungen war eine Mehrdeutigkeit der Rollen und sich überschneidende institutionelle Agenden. Das haben wir mit dem Financial Framework Partnership Agreement geregelt . Das FFPA war ein wichtiger Meilenstein und ein Zeichen für den Wandel der Zeit, für eine erneuerte Beziehung zwischen der ESA und der EU. Als nächstes kam die Schaffung des Manifests von Matosinhoswo die ESA von ihren Ministern ein klares und starkes Mandat erhielt, die Agenda 2025 durch die Accelerator- und Inspirator- Konzepte weiterzuentwickeln – in enger Zusammenarbeit mit der EU und anderen Partnern.

Die ersten beiden Accelerators, „Space for a Green Future“ und „Rapid and Resilient Crisis Response“, werden eine Satelliten- und Dateninfrastruktur aufbauen, indem sie Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, kognitives Cloud-Computing, Quantengravimetrie, Hochleistungsrechnen und in- orbit communication, um die größte Herausforderung der Menschheit anzugehen: den Klimawandel. Alle Nationen in Europa haben die CO2-Neutralität bis Mitte dieses Jahrhunderts zur vordringlichsten Maßnahme erklärt. Wir werden einen digitalen Zwilling unseres Planeten entwickeln und durch kleine und große Industrien europaweit Klimainformationsfabriken schaffen, um die CO2-Neutralität zu unterstützen. Der zweite Accelerator wird eng mit der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Initiative für sichere Konnektivität verknüpft.

Aber das ist nicht genug. Die Zahl der gestarteten Satelliten wächst exponentiell, was das Kollisionsrisiko dramatisch erhöht. Wir dürfen weder unsere Satelliteninfrastruktur noch unsere Astronauten einem Risiko aussetzen. Dies ist der dritte Beschleuniger: „Protection of Space Assets“, der dazu beitragen soll, europäische Vermögenswerte vor Weltraumschrott und Weltraumwettereinflüssen zu schützen und zu schützen. Durch diese Beschleuniger werden wir Bürger, Entscheidungsträger, Zivilschutzbehörden, Feuerwehrleute und Rettungskräfte vor Ort unterstützen. Acceleratoren werden auch dazu beitragen, Europa um Programme herum zu vereinen, die die wichtigsten vor uns liegenden Herausforderungen angehen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Nutzer im Mittelpunkt stehen.

Schließlich können wir nicht über europäische Weltraumambitionen sprechen, ohne über Inspiration zu sprechen. Unsere Suche wird immer von einem gemeinsamen Traum getrieben, unsere Welt besser zu verstehen, zu erforschen, zu entdecken. Wir brauchen ein zukunftsorientiertes, unabhängiges, souveränes Europa, das beim Abenteuer Weltraum an der Spitze bleibt, um junge Talente zu inspirieren und zu motivieren. Daher haben wir zwei Inspiratoren identifiziert, einen, um zu erforschen, ob es dort draußen Leben gibt, durch eine Beispiel-Rückkehrmission zu einem eisigen Mond des äußeren Sonnensystems, und einen, der sich mit menschlicher Erforschung befasst. Bei letzterem, der Erforschung des Menschen, brauchen wir eine vereinte europäische politische Vision und Führung.

Quelle: https://www.linkedin.com/pulse/new-space-race-josef-aschbacher/?published=t


ESA-VISION: Bereiten Sie die Zukunft des Weltraums vor

Europa erforscht neue Welten und sucht nach außerirdischem Leben.

Als Teil eines internationalen Teams wird die ESA die abgelegenste Forschungsbasis der Menschheit im Orbit um den Mond errichten und die ersten Europäer zur Mondoberfläche schicken. Das ultimative Ziel ist es, Europäer in den 2050er Jahren zum Mars zu schicken.

Europa steht auch im Mittelpunkt der ehrgeizigsten bisher geplanten Marsmission – der ersten robotischen Hin- und Rückfahrt zur Oberfläche des roten Planeten, die eine Probe des Mars zur Untersuchung auf die Erde zurückbringen wird. Die Probe könnte helfen festzustellen, ob es Leben auf dem Mars gab.

Auch die Eismonde der Riesenplaneten im äußeren Sonnensystem könnten Leben beherbergen. Das macht sie zu einem spannenden Ziel für Weltraummissionen. Eine Probenrückführungsmission zum Saturnmond Enceladus wird Synergien mit der Probenrückführungsmission zum Mars nutzen.

Viele der für das Leben notwendigen Zutaten scheinen im unterirdischen Ozean von Enceladus zu existieren. Die Untersuchung einer Probe vom Mond wird entscheidende Beweise für den Ursprung des Sonnensystems und seine Fähigkeit, Leben zu beherbergen, liefern.

Solche Missionen werden Europas Position als weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Weltraumtechnologie, Innovation und wissenschaftliche Erforschung des Weltraums demonstrieren – und die nächste Generation talentierter Europäer dazu inspirieren, Karrieren in Wissenschaft und Technologie einzuschlagen.

Neue Welten erkunden

Was ist das Problem?

Europa hat bei der Erforschung kleiner, weit entfernter Körper im Sonnensystem Pionierarbeit geleistet. Mit der Rosetta-Mission war die ESA das erste Raumfahrtunternehmen, das einen Kometen umkreiste und auf ihm landete. Außerirdisches Leben zu finden, sei es in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, ist eine der großen herausragenden Herausforderungen für die Menschheit in diesem Jahrhundert, und die Monde von Jupiter und Saturn sind der richtige Ort dafür. Das Zurückbringen von Proben zur Analyse in den modernsten Labors der Erde wird es ermöglichen festzustellen, ob solch faszinierende Welten tatsächlich Leben heute beherbergen.

Die bemannte Raumfahrt ist eine wesentliche souveräne Fähigkeit aller großen Weltraummächte außer Europa. Die Schaffung der Fähigkeit, europäische Astronauten mit europäischen Trägerraketen ins All zu transportieren, die durch innovative Partnerschaften mit europäischen Raumfahrtunternehmen entwickelt wurden, wird es Europa ermöglichen, mit den wichtigsten Raumfahrtnationen zu konkurrieren und besser zusammenzuarbeiten.

Warum jetzt handeln?

Das Erreichen des beispiellosen wissenschaftlichen Ziels, eine Sonde zu einem Mond eines Riesenplaneten zu schicken und eine Probe zurück zur Erde zu bringen, wird Europas Position als weltweit führendes Unternehmen und Autorität in den Bereichen Weltraumtechnologie, Innovation und Erforschung des Weltraums unter Beweis stellen.

In den kommenden Jahren werden internationale Teams menschliche Missionen zum Gateway und Roboter- und menschliche Missionen zum Mond entsenden, die letztendlich eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond vorsehen. Diese werden eher zu regelmäßigen Reisen als zu einmaligen Expeditionen. Wenn Europa die sich schnell entwickelnde Erforschung des Mondes voll ausschöpfen soll, muss es in der Lage sein, seine Astronauten autonom zu Raumstationen im erdnahen Orbit und später zum Mond zu schicken.

Was wird benötigt?

Die Rückgabe einer Probe von einem Körper im äußeren Sonnensystem erfordert die Entwicklung modernster Technologien, einschließlich autonomer Betankung im Orbit, fortschrittlichem Transport und Docking sowie einer neuen Generation von Technologien für die Entnahme und Lagerung von gefrorenen Proben.

In der Zwischenzeit muss Europa auf seiner Erfahrung bei der Förderung kommerzieller Partnerschaften aufbauen, um europäische Raumfahrtunternehmen herauszufordern, eine neue Generation europäischer Trägerraketen zu schaffen, die einen routinemäßigen Zugang zum Weltraum bieten und auch für die bemannte Raumfahrt geeignet sind.

Warum das in Europa?

Eine Musterrückkehrmission von einem Jupiter- oder Saturnmond wird die europäische Führungsrolle in der Weltraumwissenschaft erheblich stärken und die Unabhängigkeit Europas in Bezug auf Weltraumfähigkeiten demonstrieren, darunter Stromversorgung, Verwaltung großer Weltraumstrukturen, optische Kommunikation im Weltraum mit hoher Datenrate und Auftanken.

Die Fähigkeit, Astronauten in den Weltraum zu bringen, wird Europa hervorragende Möglichkeiten bieten, die Rolle zu spielen, die es bei zukünftigen internationalen Bemühungen im Zusammenhang mit der Weltraumforschung verdient, und zwar auf sichtbare und lohnende Weise.

Was ist der nächste Schritt?

Die ESA wird vorbereitende Schritte für eine Probenrückführungsmission von den Monden riesiger Planeten unternehmen und Innovationen fördern, indem sie kommerzielle Unternehmen herausfordert, eine nächste Generation europäischer Raumtransportsysteme zu wettbewerbsfähigen Preisen zu entwickeln.

Was sind die weitergehenden Vorteile?

Weltraumwissenschaft und Planetenerkundung haben eine einzigartige Inspirationskraft, um junge Generationen in Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik einzubeziehen und hochqualifizierte Arbeitskräfte für die Zukunft zu schaffen.

Die Zusammenarbeit mit der europäischen Raumfahrtindustrie zur Förderung von Innovationen generiert Wirtschaftswachstum und neue Einnahmen und schafft neue Arbeitsplätze für die europäischen Bürger. Das gesamte Geld, das in den Weltraum investiert wird, wird auf der Erde ausgegeben.

Quelle: https://vision.esa.int/prepare-the-future-of-space/

Total super! EU-Taxonomie: Umweltorganisationen machen Druck auf Bundesregierung/ Deutschland sollte sich der Klage vor dem EuGH anschließen

Umwelt- und Klimaorganisationen lassen nicht locker: Sie fordern die Ampel auf, die geplante Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltig abzulehnen und sich einer Klage vor dem EuGH anzuschließen.

AKW Gundremmingen abgeschaltet
Atomkraft: Die EU-Kommission will den Energieträger als nachhaltig einstufen. 
Den kompletten Brief finden Sie: https://network.bellona.org/content/uploads/sites/5/2022/01/22-01-10_Verb%C3%A4ndebrief-EU-Taxonomie_BK-Scholz.pdf

Eine Gruppe Umwelt- und Klimaorganisationen fordert die Bundesregierung auf, der von der EU-Kommission geplanten Einstufung von Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Technologien entschieden entgegenzutreten.

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir zählen auf Sie“, heißt es in einem offenen Schreiben von 13 Organisationen an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), das dem Handelsblatt vorliegt. „Stoppen Sie das Greenwashing schmutziger und gefährlicher Technologien, die der Vergangenheit angehören, und ebnen Sie den Weg zur Klimaneutralität – auf europäischer wie auf nationaler Ebene.“

Toll dieser Druck und wie sich endlich widerstand gegen die EU-Taxonomie formiert.

Die Organisationen, darunter der Deutsche Naturschutzring (DNR), Germanwatch und WWF, fordern die Bundesregierung auf, im Europäischen Rat gegen die Aufnahme von Atomkraft und Gas zu stimmen und sich der von Österreich und Luxemburg geplanten Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anzuschließen. „Setzen Sie sich für eine Erweiterung der Klage auch gegen die Aufnahme von Erdgas ein.“

Die EU-Länder haben bis zum 21. Januar Zeit, um auf den Entwurf der EU-Kommission zu reagieren. Der Zeitraum wurde verlängert – ursprünglich war der 12. Januar Stichtag.

Bei der Taxonomie handelt es sich um ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Finanzprodukte – quasi eine in Brüssel erarbeitete Liste aller ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten. Bislang war aber offen geblieben, ob Investitionen in Atomkraft und Gas als nachhaltig gelten. Seit Jahren wird über das Thema gestritten. In der Silvesternacht 2021 schickte die EU-Kommission dann die Mitteilung heraus, derzufolge Atomkraft und Erdgas als grüne Investitionen eingestuft werden sollen.

Stringente Kriterien für den Zubau von Erdgas-Kraftwerken

Ein Fehler, sagen die Umweltverbände. Damit Deutschland und Europa die Klimaziele erreichen könnten, müsse die Nutzung fossiler Energieträger schnellstmöglich beendet statt ausgebaut werden, heißt es in dem am Dienstag versandten Schreiben der 13 Organisationen. Auch wenn für einen begrenzten Übergangszeitraum Erdgas Teil des Energiemixes sein werde, sei eine Einstufung des Energieträgers als nachhaltig falsch.

In dem an Scholz und fünf Bundesminister gerichteten Brief fordern die Verbände die Bundesregierung auf, stringente Kriterien für den im Koalitionsvertrag angekündigten Zubau von Erdgas-Kraftwerken auf nationaler Ebene auszuarbeiten.
Die Klassifizierung von Atomkraft und Erdgas als nachhaltig ist kaum zu verhindern. Dafür müssten sich mindestens 20 EU-Staaten zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung in der EU vertreten. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat eine Stellungnahme der Bundesregierung angekündigt. Rechtlich bindend wird diese allerdings nicht sein. 

Quelle: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/nachhaltige-energietraeger-eu-taxonomie-umweltorganisationen-machen-druck-auf-bundesregierung/27962494.html?ticket=ST-2900694-HLfWplBQD3GhMtKxne3u-ap3

Jetzt unterschreiben. EU-Taxonomie: Nein zu Atom und Gas/Soll am Dienstag, 11. Januar an die Bundesregierung übergeben werden

BUND, Campact, Deutsche Umwelthilfe, Bürgerbewegung Finanzwende, Greenpeace, IPPNW, Nabu, Umweltinstitut und Uranium Network rufen mit ihren Unterstützer*innen die Ampel-Regierung dazu auf, die Taxonomie-Pläne der EU-Kommission zu verhindern. Diese sehen vor, Investitionen in Atomkraft und Erdgas als nachhaltig einzustufen. Das Bündnis sieht hierdurch die Energiewende bedroht und den Klimaschutz Europas massiv gefährdet. Denn Investitionen würden so statt in Erneuerbare Energien und CO2-freie Flexibilitätsoptionen in fossile und atomare Technologien umgelenkt. Nach Einschätzung des Bündnisses unterlaufen die Pläne zudem den Grundgedanken der Taxonomie als eine Art Nachhaltigkeitslabel. „Wenn auch klimaschädliche und hochriskante Energieträger als nachhaltig gelten, wird das ganze Label entwertet – das hätte eine fatale internationale Signalwirkung“, warnt das Bündnis.

Die Organisationen fordern daher gemeinsam mit ihren Unterstützer*innen die Ampel-Regierung auf, im EU-Ministerrat gegen den Vorschlag der EU-Kommission zu stimmen. Wenn nötig müsste, so das Bündnis, die Ampel vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Antje von Broock, Bundesgeschäftsführerin für Politik und Kommunikation beim BUND: „Gas und Atom sind nicht nachhaltig. Diesen Etikettenschwindel der EU darf die deutsche Bundesregierung nicht mitmachen. Nur mit einem Nein gegen Atomkraft und Gas als nachhaltige Technologien in der EU-Taxonomie bleibt Olaf Scholz glaubwürdig. Seine Regierung muss eine Stimme für Nachhaltigkeit und umweltverträglichen Fortschritt sein. Statt in veraltete ‚Dinosaurier‘-Technologien zu investieren, braucht es Investitionen in wirklich nachhaltige erneuerbare Energien.“

Christoph Bautz, Geschäftsführender Vorstand von Campact: „Olaf Scholz darf nicht länger lavieren, sondern muss ein klares Nein Deutschlands zu den Taxonomie-Plänen der EU-Kommission formulieren. Andernfalls fließen Milliarden Euro in hochriskante und klimaschädliche Atomkraft- und Gasprojekte. Scholz hat sich im Wahlkampf als Klimakanzler präsentiert – jetzt muss er dies auch einlösen.“

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe: „Die Bundesregierung muss die Taxonomie in ihrer jetzigen Form ablehnen. Atomkraft und fossiles Gas passen nicht zum klimapolitischen Versprechen ihres Koalitionsvertrages. Deshalb muss sie alle Hebel in Bewegung setzen, um dieses katastrophale Regelwerk zu stoppen. Enthaltung ist keine Haltung.“

Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende: „Mit ihrem Einknicken vor nationalen Interessen erweist die EU-Kommission nachhaltigen Finanzmärkten in Europa einen Bärendienst und betreibt Greenwashing. Die Ampel-Regierung muss verhindern, dass mit den Vorschlägen der EU-Kommission das Wirrwarr verschiedener Standards weitergeht. Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa benötigen klare, einheitliche Kriterien für nachhaltige Finanzprodukte.“

Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand Greenpeace Deutschland: „Wir fordern von der Bundesregierung eine klare Ablehnung der EU-Taxonomie, die Atom und Gas als nachhaltig erklärt. Falls notwendig, muss die Regierung auch dagegen klagen. Die Haltung von Scholz, Habeck und Lindner bei der EU-Taxonomie ist ein erster Lackmus-Test: Steht die Ampel in Fragen der Nachhaltigkeit für einen echten und von der Bevölkerung erwarteten Aufbruch – oder gibt es mit ihr ein ‚Weiter so‘ nach Art der alten GroKo. Jeder Euro für Atomstrom fehlt uns am Ende beim echten Klimaschutz.“

Angelika Claußen, Co-Vorsitzende der IPPNW: „Ein Nachhaltigkeitslabel für Atomenergie und Erdgas ist ein klima- und energiepolitischer Irrweg. Jeder Cent der hier investiert wird, fehlt beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Für Frankreich steht bei der Investition in den veralteten Industriezweig Atomenergie ein klares militärisches Interesse im Vordergrund: ‚Ohne zivile Atomenergie gibt es keine militärische Nutzung, und ohne die militärische Nutzung auch keine zivile Atomenergie‘ (Zitat Emmanuel Macron, 2020).“

Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Wir fordern die Bundesregierung auf, den Kommissionsentwurf abzulehnen. Denn er betreibt billiges Greenwashing, obwohl die Taxonomie ein wichtiges klima- und umweltpolitisches Instrument sein könnte. Durch die Entscheidung droht wertvolle Zeit für die klimaneutrale Transformation von Strom und Wärme verloren zu gehen.“

Hauke Doerk, Referent für Radioaktivität am Umweltinstitut München: „Die von der EU-Kommission eigens eingesetzte technische Expertengruppe hat auf wissenschaftlicher Basis Atomenergie aus der Taxonomie ausgeschlossen. Es ist absurd, die Kriterien für nachhaltige Finanzen aufzuweichen, nur weil Lobbyisten Druck machen, oder manche Länder ihre Investitionen in Atomkraft oder fossiles Gas grün anstreichen wollen.“

Günter Wippel, Mitbegründer von Uranium Network: „Der Ausschluss von Uranbergbau aus dem Delegated Act ist absolut inakzeptabel: Uranbergbau ist integraler Bestandteil der nuklearen Brennstoffkette, diesen auszuklammern führt zu einer völlig falschen Beurteilung von Atomkraft. Dies hängt auch eng mit der Illusion zusammen, einen geschlossenen Brennstoffkreislauf erreichen zu können – mit Reaktoren, die ihren Brennstoff selbst erbrüten: eine gefährliche Illusion, an der die Atomindustrie schon in der Vergangenheit gescheitert ist.“

Mehr Informationen

  • zum Eil-Appell
  • Der Eil-Appell wird am Dienstag, 11. Januar 2022, in den Vormittagsstunden an die Bundesregierung übergeben.

Quelle: https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/buendnis-appell-zur-eu-taxonomie-nein-zu-atom-und-gas/

Dringlichkeitssitzung der EU-Innenminister und UN-Sicherheitsrat

EU-Innenminister: Mit Geld gegen „unkontrollierte Migration“

Die UN rechnen nach der Machtübernahme der Taliban mit bis zu 500.000 weiteren Geflüchteten. Die EU ist in Sorge vor großen Migrationsbewegungen. Doch klappt dieses Mal ein koordiniertes Vorgehen?

Die Situation in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban steht im Mittelpunkt der Dringlichkeitssitzung (Am Dienstag 31.08) der EU-Innenminister in Brüssel. Ziel der EU ist es – so viel ist bereits im Vorfeld klar – große Migrationsbewegungen nach Europa zu unterbinden und stattdessen stärker die Nachbarstaaten Afghanistans zu unterstützen.

Die EU sei entschlossen, eine erneute „unkontrollierte und großangelegte illegale“ Einwanderung nach Europa zu verhindern, zitiert die Nachrichtenagentur AFP aus einem Entwurf für das Treffen. Der Entwurf nimmt indirekt Bezug auf die Flüchtlingskrise des Jahres 2015. „Auf der Grundlage von Lehren der Vergangenheit“ müsse die EU gemeinsam eine „koordinierte und geordnete Reaktion“ auf mögliche Migrationsbewegungen vorbereiten, heißt es in dem Papier. 

Drittländer, die „eine große Zahl an Migranten und Flüchtlingen beherbergen“, sollen laut dem Entwurf Hilfen bekommen, um ausreichende, „würdevolle und sichere“ Unterbringungsmöglichkeiten für die Menschen sowie „nachhaltige Lebensbedingungen für Flüchtlinge und die sie aufnehmenden Gemeinden“ zu schaffen. In der vergangenen Woche hatte die EU-Kommission bereits bekannt gegeben, 200 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Afghanistan und seinen Nachbarländern zur Verfügung stellen zu wollen.

Sicherheitsüberprüfungen von afghanischen Einwanderern

Sichergestellt werden müsse auch, dass die Situation in Afghanistan nicht zu „Sicherheitsbedrohungen für EU-Bürger“ führe, heißt es in dem Dokument weiter. Zu diesem Zweck müssten „angemessene Sicherheitsüberprüfungen“ von Migranten stattfinden.

Außerdem brauche es in den EU-Ländern einheitliche Regeln für die Bearbeitung von Asylanträgen afghanischer Flüchtlinge, fordert Ales Hojs, der als slowenischer Innenminister das Krisentreffen leiten wird. Ziel sei es, sich in einer gemeinsamen Erklärung auf ein Maßnahmenpaket zu verständigen: „Das wird allen Mitgliedstaaten helfen, gemeinsam den richtigen Kurs zu finden. Und dafür brauchen wir eine offene Debatte, bei der alles auf den Tisch kommt. Vor allem auch die Sorge, dass Afghanistan erneut für einen massiven Migrationsdruck sorgen könnte“, sagte Hojs.   

Sichere Routen – für Österreich ein falsches Signal

Im Vorfeld des Treffens hatte EU- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für heftige Debatten gesorgt, weil sie legale und sichere Routen für Schutzbedürftige aus Afghanistan forderte. Viele ihrer europäischen Politikerkolleginnen und -kollegen sehen darin allerdings eine Gefahr, auch wenn das nur wenige so deutlich sagen wie Österreichs Außenminister Karl Nehammer: „Das ist das völlig falsche Signal. Die Genfer Flüchtlingskommission sieht nicht vor, dass man sich das Asylland aussuchen kann, sondern gleich im nächstgelegenen Land, wo Schutz möglich ist, tatsächlich auch Schutz bekommt. Und dafür brauchen die Länder vor Ort die Unterstützung. Dafür braucht das UNHCR die Unterstützung.“

Auch wenn viele Beobachter eine Flüchtlingskrise wie 2015 für unwahrscheinlich halten, müsse man sich auf eine steigende Zahl von Flüchtlingen aus Afghanistan einstellen: Die Vereinten Nationen rechnen bis zum Jahresende mit bis zu einer halben Million weiteren Frauen, Männern und Kindern. Nachbarstaaten haben bereits 2,2 Millionen Afghaninnen und Afghanen aufgenommen. Die USA, Deutschland und andere NATO-Länder hatten seit Mitte August mehr als 100.000 gefährdete Afghanen und Ausländer aus Kabul ausgeflogen. 

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-afghanistan-107.html


UN-Sicherheitsrat: Ausreisemöglichkeit für Afghanen gefordert

Auf eine „sichere Zone“ in Kabul konnte sich der UN-Sicherheitsrat nicht einigen. Dennoch versucht das Gremium, den Druck auf die Taliban zu erhöhen. In einer Resolution fordern es die Islamisten auf, Afghanen ausreisen zu lassen.

Die Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban hat auch das mächtigste UN-Gremium beschäftigt: Der Sicherheitsrat forderte die Taliban auf, Afghanen ungehindert aus ihrem Heimatland ausreisen zu lassen. Eine entsprechende Resolution wurde mit 13 Ja-Stimmen angenommen, Russland und China enthielten sich.

In der Resolution verweist der Sicherheitsrat auf die Zusagen der Taliban vom Freitag, dass Afghanen das Land jederzeit und auf allen möglichen Wegen ungehindert verlassen dürften. Der Sicherheitsrat „erwartet, dass die Taliban diese und alle anderen Verpflichtungen einhalten“, heißt es darin. Die Resolution, die von Großbritannien und Frankreich zusammen mit den USA und Irland vorgelegt wurde, fordert zugleich, dass Afghanistan nicht zu einem Hafen für Terroristen und ihre Anschlagspläne werden dürfe.

Ebenfalls hervorgehoben wird die Notwendigkeit für ungehinderten humanitären Zugang sowie die Wahrung der Menschenrechte, insbesondere „der Rechte von Frauen, Kindern und Minderheiten“. Die zuvor von Frankreich geforderte Schaffung einer „sicheren Zone“ in Kabul beschloss der Sicherheitsrat hingegen nicht.

Keine Blockade, sondern ein Durchbruch

UN-Resolutionen sind völkerrechtlich bindend – deshalb könnte sie laut Experten ein Signal an die Taliban senden, dass der Flughafen offen gehalten werden muss, um UN-Hilfslieferungen ins Land zu lassen.

Bei den meisten großen Krisen in den vergangenen Jahren waren sich die ständigen Mitglieder – vor allem die USA, China und Russland – oft uneins und blockierten gemeinsame Lösungen. In diesem Fall hatten sich die Vetomächte Russland und China offen für eine Einigung gezeigt und mit ihren Enthaltungen letztlich für einen der seltenen Durchbrüche im Sicherheitsrat gesorgt.

Im Tagesverlauf sollten noch die Vertreter der fünf Vetomächte mit UN-Generalsekretär António Guterres zusammenkommen, um über die Lage in Afghanistan zu sprechen. Das Treffen ist für 18.00 Uhr New Yorker Zeit angesetzt. Delegierte dämpften aber die Hoffnungen auf potenzielle Ergebnisse – es handele sich mehr um einen Austausch des UN-Chefs mit den ständigen Vertretern.

Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/un-afghanistan-107.html